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die gewaltigste Anstrengung kosten würde. Oder noch besser, man mischt alle diese Stimmungen in einander, man „lächelt durch Thränen", und glaubt sich damit ebensowohl über den Ernst wie über den Spaß zn erheben. Der echte Humor dagegeu kennt keine Thränen, er ist nie melancholisch, sondern immer heiter; er gehört zur komischen Poesie und benutzt auch das Tragische und Rührende zu komischen Zwecken.
Unsere Kunstphilosophen haben sich seit Jean Paul iu die Ansicht verraunt, der Humor sei die höchste Form der Poesie. Namentlich seitdem in der herrschenden Schnle die einfacheren Begriffe als die niedrigeren, die zusammengesetzten als die höheren aufgefaßt werdeu. Hegel selbst ist iu dieseu Fehler uicht verfallen; er eifert mit seiner gewöhnlichen Schärfe gegen die moderne (Heiue'sche) Weltironie, der Alles zugleich so erhabeu und so lächerlich vorkommt, daß sie niemals recht weiß, ob sie vor Lachen ersticken oder vor Begeisterung vergehen sott. Sein Schüler Fr. Bischer ist aber wieder zu Jean Paul übergegangen. Er construirt am Schluß des ersten Bandes seiner Aesthetik den Hnmor als die Totalität der geistigen Natur des Menschen und schildert einen Humoristen, der diesen Inbegriff des Ideals in sich trägt. Es wird eine greuliche Mißgeburt daraus, und man wird nicht wenig überrascht, als der Philosoph trinmphirend ausruft: das ist das Wahre ! so muß der Mensch sein! — Hier will ich von Humor uur diejenigen Momente m Erinnerung rufen, die eigeutlich Jedermann schon weiß, die man aber aus zu großem Tiefsinn übersteht.
Das Wesen der humoristischen Darstellung im Gegensatz sowohl zu der tragischen als anch zu der specifisch komischen (ironischen :c.) besteht einmal darin, daß sie sich ius Detail vertieft, und dasselbe nicht blos dem Gesammtzweck des Kunstwerks zu Liebe, souderu um seiner selbst willen darstellt. Der Humor überrascht uus durch uuser eigenes Interesse, das wir an Dingen nehmen, die nns sonst der Beachtung nicht werth scheinen. — Das Idyll ist der erste Ansatz zum Humor, wie das Genrebild überhaupt; der 7vte Geburtstag von Voß ein vortreffliches humoristisches Gedicht.
Die zweite Bestimmung hängt unmittelbar mit der ersten zusammen. Weil der humoristische Dichter von der Anschauung des Einzelnen ausgeht und dasselbe in seiner Totalität, also als zusammengesetzt aus verschiedenen Bestandtheilen ausmalt, so ergibt sich daraus die Nothwendigkeit, einerseits mit der Stimmung den wechselnden Eindrücken zu folgeil, andererseits verschiedene Stimmungen gleichzeitig festzuhalten. Ich möchte nicht gerade Lachen und Weinen nennen, denn hier kommt schon ein dem Humor gauz fremd liegendes Moment hinein; aber die Mischung von Befriedigung über eiuen zweckmäßigen Inhalt und Verwunderung über eine baroke Form. So der unübertreffliche Anfang des Vicar: „Ich war immer der Ansicht, daß Einer, der sich verheirathete, und eine zahlreiche Familie auszog, mehr Nutzen