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Wochenschau.
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überall den gebildeten Mann heraus, der seine historische Auffassung nicht erst aus der Vossischen zu schöpfen braucht. Hätte der Verfasser bei einer genauern Revision die Ungenauigkeitcn im Detail ausgewischt, die zuweilen unverzeihlich sind, so würden wir seine Schrift noch eindringlicher als ein Handbuch für das gebildete Publicum empfehlen, als wir es schon jetzt im Stande sind.

Ein neues Drama von Georges Sand. Georges Sand hat durch die in idyllischer Art angelegten Dorfgeschichten, die ihre letzte Thätigkeit vor der Revolution bezeichnen (^egimo, I.« mare su äiaKIs, ^ranyois 1e LKamxi), ein Genre, welches ei­gentlich ihrem Wesen ganz fern zu liegen schien, einen so großen Erfolg errungen, daß sie nach ihrer kurzen Wirksamkeit im Schooß der revolutionären Regierung dasselbe wieder aufgenommen hat. Zuerst hat sie ihren I^anyois w LKamxi für die Bühne bearbeitet, und damit so viel Glück gemacht, daß es aus dem Werth des Stückes in keiner Weise zu erklären ist, daß man es nur begreifen kann, wenn man die Uebersättigung des fran­zösischen Publicumö an der raffinirtcn Unnatur der bisherigen Erfindungen in Rechnung zieht. Jetzt hat sie ein eignes Drama der Art geschrieben: Claudie, welches im Wesent­lichen auf die Manier Felix Pyat und Eugen Sue herauskommt, allerdings sehr veredelt und idealisirt. Ein tugendhafter Vater Proletarier, eine gefallene Tochter, die ihre Schuld durch lange Buße und später durch eine reine Liebe sühnt, ein nichtswürdigcr Verführer, der sei aksurclum geführt wird, und die angemessenen gutmüthig polternden Nebenfiguren. Das Talent unserer Dichterin hat auch diesem Drama lebhafte Anerkennung verschafft; aber als einen Fortschritt in der Kunst kann man es nicht ansehen, es ist eigentlich doch nichts als das alte Familien-Genre, auf eine niedrigere Classe angewendet, und darum mit noch kleineren Gesichtspunkten, noch größerer Misere, und noch faustdickerer Moral ausgestattet. Die Anwendung des alten Spruchs: Wer sich ohne Schuld fühlt, hebe den ersten Stein auf, auf moderne Marie Magdalenen ist im höchsten Grade human und löblich, wenn nur die Humanität nicht auf Kosten der innern Wahrheit ausgeführt wird.

Die neuesten englischen Expeditionen zttr Auffindung Franklin's nnd Croziev's. Seit mehr als 5 Jahren sind die Schiffe Erebus und Terror unter den Kapitänen Franklin und Crozier im Eise des nördlichen Amerikas verschwunden, aber noch immer blickt das Auge der Engländer erwartungsvoll nach den finstern Gestaden, an welchen zwei hochgeachtete Männer mit ihren guten Schiffen und einer ausmvählten Mannschaft verloren gingen. Zu theuer ist durch ihren Verlust die brennende Ncugier der Engländer, eine nordwestliche Durchfahrt zu entdecken, bezahlt worden. ES ist bekannt, daß Franklin mit seiner Expedition am 26ten Mai 1845 die Themse verließ, seitdem ist er zuletzt am 26ten Juni 1845 von einem Wallsischfahrer in der Baffinsbay gesehen worden, mit beiden Schiffen ruhig an einem Eisberg festgelegt uud die Auslösung der hindernden Eismassen erwartend. Was später bis in die neueste Zeit von ihm uud seinen Schiffen gemeldet wurde, daß sie von Eskimos gesehen worden, daß Flaschen mit ver- hängnißvollen Inschriften an verschiedene Küsten angeschwemmt worden, hat sich als un­sicher oder unwahr erwiesen. Die Schiffe aber waren gnt ausgerüstet, reichlich auf 34 Jahr mit Lebensmitteln versehen, man nimmt in England gern an, daß sie durch Jagd an den nordischen Küsten wohl noch Vorrat!) für 12 Jahr einzuschaffen ver­mocht hätten, und will deshalb noch jetzt die Hoffnung nicht aufgeben, die Verlorenen