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Publication in den Soldatcnrock gesteckt und in böhmische Festungen gesendet, und bei solchen durchaus gesetzwidrigen, rein willkürlichen Vorgangen spricht die östreichische Cor- respondenz von der Strenge des Gesetzes, welche kaiserliche Gnade mildern werde? bei solchen Attentaten gegen das Recht des Einzelnen faselt man von dem Rechtsstaate Oestreich? und auf diesem Wege glaubt man den östreichischen Gesammtpatriotismus zu erzeugen? Wir kommen endlich dahin, das Ministerium bedauern zu müssen in seiner kläglichen Situation. Wir können den einzelnen Persönlichkeiten desselben unmöglich zutrauen, daß derlei Vorgänge ihrer Sinnesart zusagen, wir trauen ihnen hinreichenden Scharfblick zu, um zu erkennen, daß dies der Weg nicht sei, auf dem Oestreichs Völker zum Enthusiasmus für Oestreichs Bestand geleitet werden können. Dennoch treiben die Militärgerichte förmliche Piraterie, der Säbel beherrscht Alles, die Justiz, wie die durch denselben zn Grunde gerichteten Finanzen, vielleicht auch den nächstens an das Licht tretenden Neichsrath, welcher bestimmt zu sein scheint, den archimedischen Hebelpunkt zu bilden, um die Verfassung, und mit ihr das Miuisterium zu heben.
Schon spricht sich der Lloyd, das Organ der Hocharistokratie, ganz unvcrholcn über die Nothwendigkeit einer neuerlichen Verfassungsoctroirung aus, und erklärt ganz naiv, alle seit dem 24. Febr. 1848 gegebenen Verfassungen seien revolutionär, also unmöglich, die Verfassung vom 4. März sei nur gegeben worden zur Beschwichtigung der Revolution! z. B. heute sei diese beschwichtigt, folglich — müsse man eine andere geben, eine östreichische Pairie begründen. Die Loyalität unsers Adels scheut sich nicht, zum Bruche kaiserlicher Zusagen unbedenklich anzurathen, eine perfide Utilitätspolitik zu empfehlen, um das verbrämte Pairbarett zu erlangen; wäre es unserer Partei nicht um eiue verständige Wahrung des monarchischen Princips ernstlich zu thun, wir würden gegen jene Pairs- creirung wenig einwenden, denn sie eben wäre das Grab des östreichischen Adels und würde das demokratische Princip in Oestreich vorbereiten.
Im Jahre 1848 bewies Oestreichs Adel seine totale Unfähigkeit; wo war damals der Adel? Hat er sich um den bedrohten Thron gesammelt? Hat er Opfer angeboten, die gefährdeten Finanzen zn stützen? Nichts von alle dem geschah, die Stände Böhmens insbesondere, sie fanden nicht einmal den Muth, sich zu versammeln, sie sraterni- sirten feig mit den Männern, welche in jenem März die Bewegung beherrschten und mäßigten, Ungarns wie Galiziens Toryadel verkroch sich, und verwaiset, verlassen stand Kaiser Ferdinand auf dem umwogten Wrack seines Staatsschiffes. Heute aber wollen diese Kraftlosen die Pairie für sich uud ihre Erstgebornen, um etwas vorauszuhaben vor dem übrigen Volk, dem sie jämmerlich den Hof gemacht, als es momentan die Macht besaß.
Heute glanbcn diese Herren, in ihnen rnhc das monarchische Princip, als ob die vis ineiliae überhaupt ein Factor sein könnte in politischen Gährungsprocessen. Möge der Lloyd bedenken, daß die Unmöglichkeit der Pairie von dem Hochadel selbst durch unritterliche Mutlosigkeit im Jahre 1848 bewiesen worden ist. X.
Drei Bücher neuester Geschichte. — 1815 — 1850. Von Dr. Friedrich Steg er. Braunschweig, Westermann. — Das Buch hat vor den zahlreichen andern, die in der letzten Zeit geschrieben sind und den nämlichen Gegenstand behandeln, den großen Vorzug: es ist kurz und dabei doch ziemlich vollständig, es ist in liberalem Sinne geschrieben und dabei doch mit leidlicher Unparteilichkeit; endlich, man merkt