154
schuldigst seinen Beifallsruf, obwohl das Stück ein gehaltloses Bänkelsängerproduct ist, und eher in eine Meßbude als in einen Tempel der Thalia gehört. Hierauf erhob sich ein Sturm in der ungarischen Presse, durch welchen zunächst auf das hemdärmlige Gäleriepublieum, dann aber auf die Dircction und besonders auf die „Commission zur Beurtheilung der Dramcu" ein Donnerwetter siel. Als Hauptgrund des Zornes klang hindurch, daß wir in unseren nationalen Leistungen außer der allgemeinen Kritik noch den Flor und die Hebung unserer nationalen Kunst und Bildung vor Augen haben müßten. Der Magyar dürfe sich nie an Gemeinem erfreuen, uud letzt am wenigsten, wo es gelte, sich durch Adel, Schönheit und verständiges Urtheil über den Druck zu erheben uud die Sympathien der Besten in der Welt zu gewinnen.
Noch verdient hier der Pest-Ofener Tonkünstlervcrcin Erwähnung. Er hat im vergangenen Jähre unter der Leitung seines eifrig thätigen Vorstehers, Baron Pronay, einen schönen Aufschwung genommen. Vor einigen Tagen nahm er in einer Versammlung der Mitglieder Namen und Organisation eines „Conservatoriums" an. Der Vorsteher berichtete, daß der Fonds des Vereins während des verflossenen bedrängnißvollen Jahres um 2000 Gulden Münze gewachsen uud der Verein in den Stand gesetzt sei, fünf Lehrstellen für Mnsik zu errichten. Herr Willmars und Madame Lagrange haben während ihres Hierseins Bedeutendes sür das Emporkommen dieses Instituts geleistet.
Besonders glänzend bewährt sich der Wohlthätigkeitssinn unserer Patrioten gegen die unglückliche Stadt Losonz, die, wie bekannt, im Sommer 18-49 durch die Russen gänzlich verheert wurde. Sammlungen lausen aus allen Gegenden des verarmten Vaterlandes ein, aber das höchste Lob gebührt unserem Dichter Herrn Vachot, der einen Almanach unter dem Titel „Losonczi Phönix" herausgab, welcher bereits mehrere Tausend Gulden sür die verunglückten Losonzer einbrachte. Auch unsere väterliche Negierung hat in ihrer Art ein Schärflein beigebracht, denn das Buch sollte bereits Weihnachten ausgegeben werden, uud liegt noch jetzt auf der — Polizei, mit der Aussicht, nächstens, aber mit Auslassung der darin enthaltenen Geschichte der Stadt Losonz, erscheinen zu dürfen. Anch an Büchern und andern wissenschaftlichen Utensilien für das vandalisch zerstörte Obergymnasium der Losonzer Protestanten gehen zahlreiche Sammlungen ein, und unter den menschenfreundlichen Spendern findet sich auch die Vuchhäud- lersirma „Hahn" aus Leipzig mit 1V0 Bänden. Mögen die übrigen Buchhandlungen Leipzigs diesem edlen Beispiele folgen; Ungarn bildet eineil bedeutenden Markt für den deutschen Buchhandel, und Losonz heißt jetzt die Stelle, wo man mit Wenigem den Dank der ungarischen Nation erkaufen kann. /X
Aus Prag. T5erurtheilte und Pairs. — Die Grenzboten, ehedem so verboten uud doch so beliebt, von Erzherzogen uud Erzherzoginnen in der Hofbnrg Wiens begierig gelesen, als Vorläufer der neuen Zeit in freundlichem Andenken, sind gegenwärtig viel strenger verpönt und verfehmt. Was ist Metternich's gefallene Macht verglichen mit der Macht eines Generals!
Ihr früherer Correspondent aus Böhmens Capitale scheint den Muth verloren zu haben oder es hat ihm Indignation über Prags Zuftäude den Schreibefinger gelähmt.
Dem muß Rath werden; der Ocffentlichkeit Deutschlands dürfen unsere Zustände nicht fremd bleiben, besonders heute nicht, wo man in Dresden auch für Deutschland dasselbe Glück vorbereitet, welches wir ertragen.