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würde, seinerseits zu der Erklärung, daß seiu Dienst nur der Republik gehöre, und nie einem Herrn gehören werde. Nachdem er alsdann die Pläne der Noya- listen, und die Nepressivmaßregeln, welche die Majorität und der mit ihr verbündete Präsident gegeu die Republikaner getroffen, sehr heftig augefochten hat — schließt er sich endlich dem Mißtrauensvotum au, welches ebeu diese Majorität gegen ihren bisherigen Verbündeten ansspricht.
Ein anderer Republikaner von historischem Nnf, Herr v. Lamartine, tritt dagegen auf die Seite deö Präsideuteu.
Kurz, überall eine Verwirrung der Parteien, uud eiue Neiguug, die Krisis zu beschleuuigeu, daß mau glauben sollte, der Ansbruch stehe unmittelbar vor der Thür. Uud hohnlachend sehen die Socialisten diesem erfreulichen Schauspiel zu, wie sich ihre Feiude eiuauder zerfleischen.
Aber eben dieser Umstand, daß jeder Ausbruch das nene Hervortreten einer Partei herbeiführen müßte, die der ganzen Gesellschaft den Untergang droht, vermindert die Wahrscheinlichkeit der Krisis. Im entscheidenden Angenblick werden die Führer der Fractionen, wird namentlich die von ihnen geleitete Masse von der Ueberzeugung dnrchdrnngen werden, daß es sich um erustere Diuge haudelt, als um Heinrich oder Lndwig.
Wer endlich in diesem bunten Gemisch deu Sieg davontragen wird, das zu berechnen, würde auch dem geschicktesten politischen Arithmetiker unmöglich sein. Aber das läßt sich mit ziemlicher Bestimmtheit voraussagen, wer unterliegen wird: wer zuerst augreift. Ju dem Augenblicke des Attentats würde ganz Frankreich sich gegen ihn erheben.
Wenn man den Charakter nnd die frühere Geschichte des Präsidenten, uud die Versuchuug, welche immer in der actuellen Macht liegt, iu Nechuuug zieht, so dürfte der Schluß nicht zu gewagt erscheiueu, daß Louis Napoleou der Erste sein wird, welcher — verliert. Was dann weiter geschieht, ist nicht vorherzu- sagen. Eine gewaltsame Krisis wird jedenfalls in den nächsten zwei Jahren eintreten; sie wird, wie jede Krisis in Frankreich, ihre Rückwirkung auf uuser Vater- laud uicht verfehlen. Möchten das uusere Regenten nicht übersehen, wenn sie durch ihre jetzige unbestrittene Allmacht uud durch die dumpfe Apathie aller Schichten des Volks sich versucht fühleu sollteu, die Saiteu zu straff zn spannen. Und möchte unsere Partei durch die Verstimmnng über die augenblickliche hoffnungslose Lage der Diuge sich uicht verleiten lassen, sich zn zersplittern, und die Positionen aufzugeben, die sie uoch hat, die sie uoch mehr hat, als im Februar 1848. Eiue zweite Ueberrumpeluug dürste verhäuguißvoller seiu*).
Diesmal scheint die Krisis glücklich abgewendet zu sein. Der Präsident hat der parlamentarischen Gewalt, trotz deö Grolles, den er über ihre Angriffe empfinden mußte, nachgegeben. Geht dieses Nachgeben so weit, daß daS alte, parlamentarische Ministerium und mit ihm der parlamentarische Oberbefehlshaber wieder eintritt, so hat freilich der Neffe deö Oilkelö kein Attentat mehr nöthig, um zu verlieren; er ist abgethan für immer.