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Amerika in geographischen und geschichtlichen Umrissen.
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beschafsenheit, ihre Sprache und Lebensweise bezeugen, daß sie Mitglieder jener Polarmenschen-Familie" sind, welche überall im hohen Norden, von Lappland bis zur Baffinöbay nnd zur gröuläudischen Ostküste, am Meeresgestade nnd man möchte sagen mitten im Eis nnd Schnee wohnen, so weit der Seehund gefun­den wird. Die grönländischen Eskimos nennen sich selbst Innuit, das'heißt Männer oder menschliche Wesen. Sie scheinen erst spät, etwa im vierzehnten Jahrhundert, auf der Westküste angelangt zu sein: alsSkrällinger", welche mit deu isläudischeu Ausiedeluugeu in feindliche Berührung kamen. Eskimos haben einst in Nordamerika bis nach Vinland, also bis Neu-Euglaud herab ge­wohnt; als diese Gegenden fünfhundert Jahre später abermals von den Euro­päern entdeckt wurdeu, lebten dort Indianer. Man meint deshalb, die Eskimos seien von diesen weiter nach Norden hinausgedrängt worden, und aus ihren Wanderungen erkläre es sich, daß sie erst so spät uach Grönland gelangt seien. Sie siud von kleiner untersetzter Gestalt, werden oft dick, haben breites plattes Gesicht, ausdruckslose Augen, kleiue Nasen, dicke Uuterlippeu uud grobes schwarzes Haar, das über ihr gebräuntes Gesicht herabhängt. Doch ist ihre Hant eher hell als dnnt'el, erscheint aber schmutzig iu Folge der Uureiulichkeit, und dünstet einen widerwärtigen Fettgeruch aus, der dem Europäer fast unerträglich wird. Im Süden findet man schlankere Gestalten, mit hübschen Gesichtern nnd sprechen­dem Blick. Der Grönländer ist gern träge nnd im Allgemeinen gleichgültig gegen das, was um ihn her vorgeht, aber insgemein gut aufgeräumt, munter nnd lustig. Selteu kommt es zu Zank oder gar zu Streit, kaum zu heftigen Worten. Er ist veränderlich, kümmert sich nur um das uubediugt Nöthige und zunächst Liegende, uud weun sein kann, schläft er Tag und Nacht hinter ein­ander. Die Eitelkeit tritt bei diesen Eskimos stark hervor, ihrer Meinung zu­folge kommt keiu anderes Volk ihnen gleich, und wenn sie einen Fremden loben wollen, so sagen sie:er ist so gut erzogen als wir," oder:er sängt an, ein Innnit zu werden." Verbrechen nnd Gewaltthaten kommen nur selteu vor; wer sich an einem Andern vergeht, wird öffentlich ausgespottet. Denn die Grön­länder besitzen einen starken Hang znr Satire nnd eine scharfe Znnge. Egede *)

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') Hans Egede, der erste Missionär Grönlands, vorher ein armer Pfarrer zu Vaagcn in Norwegen. Ihn jammerte cS, daß seine Landölcme, welche von Island ans seit dem Jahre 98? als Colonisten nach Grönland gegangen waren, deren letzter Bischof Alpho 1378 gestorben war, und von denen man feit Jahrhunderten nichts mehr vernommen, alleö christ­lichen Trostes beraubt sein sollten. Er beschloß, sie aufzusuchen nnd ihnen daS Evangelium wieder zu bringen, gab seine Pfarre auf und zog im Jahre 17SI mit seinem wackern Weib und vier Kindern, im Ganzen mit Begleitern an Baalsflnß und baute ein Haus von Brettern und Erde. Er fand keine Spur von den frühern Colonisten, aber er setzte nun sein Leben daran, die Eskimos zu bekehren. Uud er hat ausgeharrt wie ein Held unter furchtbaren Entbehrungen. Ihm half sein Sohn Paul, bald kamen die Herrnhutcr und die Ansiedelungen Godhavn und Egcdeöwinde, Suckertoppen nnd Ncu-Herrnhut erhoben sich an der Eisküste, denen FvederikShaab, Lichtcnfelö Julicmenhaab, Lichtcnau, Friedrichs, that folgten. Nergl. S. 58 n. f.