Beitrag 
Die politische Stimmung.
Seite
44
Einzelbild herunterladen
 

44

genügte, um in dem kräftigen Volke alle Flammen des Patriotismus aufschlagen zu lassen, und mit großer Opferfreudigkeit boten Mänuer aller Parteien dem Vaterland ihre Dienste an. In den Tagen war Preußen wieder, was es lange nicht gewesen war, ein einiger starker Staat, und lebhaft empfand man, was eine tüchtige Negierung mit einem solchen Volke durchsetzen könne. Als aber trotz der Opfer, Lasten und Entbehrungen, welche jedem Einzelnen durch die militärische Erhebung auferlegt wurden, kein Ernst, kein Wille fichtbar wurde; als eiu unver­ständliches Unterhandeln uud schrittweises Nachgeben deu Armeeu vorauseilte, als die Begeisterung durch keiue That der Regierung Nahrung erhielt uud Jeder in seinem Kreise deu Druck und die Verluste der unnützen militärischen Schaustelluug erfuhr, da trat ein sehr natürlicher Umschwung in der öffentlichen Stimmung ein: man durfte auf Frieden rechnen, man wollte ihn gesichert, uud sich uud das Laud von der Gefahr befreit sehen. Und so wnrde Prenßen schnell wieder friedliebend, nnd der Name Manteuffel's erschien als) eine gnte Bürgschaft des Friedens. Durch welche Opfer an Ehre, Einfluß uud Aussichten Preußen diesen Frieden erkaufte, wurde nicht sogleich und nicht von Vielen bemerkt. Die Be­urtheilung der complicirten Verhältnisse eines Staates zu seinen Nachbarn ist nur selten der Majorität der Staatsbürger gelänstg. In welcher Weise die deutsche Verfafsnngsfrage gelöst wird, ist nach so viel Jrrnngen und Täuschungen der Mehrzahl der Preußen keine Hanptsorge; nach so hänsigen und großen Stö< rungen in Prodnction nnd Verkehr haben sie die verständige uud gerechte Sehn­sucht nach Frieden nnd sicherem Erwerb.

Anch die Forderungen Oestreichs, welche die preußische Negieruug so hin­gebend bewilligt hat: bewaffnete Pacisication des friedlichen Hessens, des populären Holsteins, sie werden, wenn es zur Vollziehung kommt, das Gemüth der Preußen verstimmen, aber uicht aufregen. Erst wenn der Tag kommt, wo die Steilern erhöht werden wegen den resultatlosen Rüstnngen, wenn der Tag kommt, wo Oestreich seine Zolleinignngspläne bei dem neuen Bnnde durchsetzt, dann wird die Anfregung und Erbitterung gegen das gegenwärtige Regiment sich durch alle Classen verbreiten. Das preußische Cabinet hofft noch, diese Zollpläne zu hinter­treiben. Grade diese Hoffnung aber köuute den Prenßen ein Fingerzeig sein, daß Oestreich sie durchsetzen wird. Denn bis znm heutigen Tag hat Preußens Ministerium das seltene Geschick gehabt, alle seiue eigenen Pläne und Hoffnungen selbst zu vernichten und gerade das Gegentheil von dem herbeizuführen, was durchgesetzt werden sollte. Es hat Oestreich nicht an der Occnpation Kurhessens, nicht au der Occupation Holsteins, ja nicht an der Occnpation Dentschlandö, an Vernichtung der Uuion und Nestitutiou des alten Bundes zu verhindern gewußt; ja es hat alle diese Ereignisse, die es die Woche vorher für Frevel erklärte, die Woche daranf herbeiführen helfen. Jetzt ist vorauszusehen, daß es sich mit derselben Kraft und Gewandtheit, die es bisher bewiesen, eine