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Herr v. Boniu hat als Obcrpräsident sich aus der vormärzlichen Zeit auf seinem Posten behauptet, und die wiederholt ins Publieum gekommenen Gerüchte von seinem Abgange haben sich nicht bestätigt. Derselbe sührt alle Erlasse seiner Oberbehörde aus, gehört seiner politischen Gesinnung nach dem vormärzlichen Standpunkte au, aber er weiß mit Anstand und ohne Gehässigkeit seine Stellung cmszusüllen, und hat ohne staatsmänuische Befähigung im Rcgierungs-Collegium nicht selten die juristische Seite irgend einer Streitfrage mit Umficht vertreten. Obwol er in Pommern geboren ist, so ist er doch mit der Provinz nicht zu bckcmut, und man kann keinen Verwaltuugs-Zweig nennen, den er mit besonderer Vorliebe umfaßt hätte. Sein Gut Schöneberg, aus dem der Vater eiuft die Bauern auf eine gehässige Weise vertrieb, hat neben der größten Brauerei in Pommern eine sehr gute Schäferei, und dort verlebt Derselbe einen Theil des Jahres.
An der Spitze des Konsistoriums steht Herr v. Mittelstadt, der kurz vor dem März 1848 aus seiner frühern Stellung als Rath bei der Stettiner Negierung als Conststorial-Präsidcnt eingesetzt wurde. Wenn man allen Preußischen Cousistorial-Prä- sidentcn das Zeugniß geben kann, daß sie den religiösen Standpunkt der Neuen Preußischen Zeitung als die ooiMio sms c>us non ihrer Ernennung betrachten können, so wird es Niemandem auffallen, daß diese Herren auch in diesem Sinne wirken. Der dogmatische Standpunkt einer nicht sehr beliebten, aber mächtigen Partei hat demnach in allen Conflstorien in der Spitze seine Vertretung gefunden, und wenn dieser angeblich zum Heile der Kirche bei Besetzung von Aemtern seine wesentliche Stütze sich zu schaffen sucht, so hat die Kirchenverwaltung durch diesen bestimmt ausgedrückten Parteistandpunkt das Mißtrauen gegen sich, hervorgerufen. In Pommern hatte insbesondere der Widerspruch einzelner Geistlichen gegen die von ihnen früher angenommene Union weiter keine Wirkung gehabt, als daß viele Familien, zum Theil bemittelt, nach Amerika übersiedelten, bis durch den Eintritt des Herrn v. Mittelstädt jene unionsseindliche Partei auf den Präsidenten-Stuhl gesetzt wurde. Die Befürchtungen über eine projcctirte Umgestaltung der Kirchenverfassuug der Preußischen Landeskirche veranlaßte andere Geistliche nach dem März 18i>8, zum Lutherischen Kirchenvcrbandc der Provinz überzutreten, und diese wurden dann ihrer Bekeuntnißtreue wegen gerühmt. Die Jeremiaden über die Noth der Kirche gehen mit der ausfälligsten Sorge über das durch das Ablösungs- Gesetz bedrohte Einkommen der Geistlichen Hand in Hand, während zu seiner Zeit bei der Separation und Gemeindetheilung die Pfarrer mit den besten und günstig gelegensten Acckern und Wiesen bedacht wurden, ohne "daß die gegen solche Bevorzugung sich aussprechcndcn Gemeinden weitere Beachtung gefunden hätten. Ein Pommerschcr Superintendent, den man unter Andern für einen guten Rechenmeister halt, hat in einer Denkschrift den durch das Ablvsungs-Gesetz für die Kirche (Pfarrer) und Schulen entstehenden Schaden aus Heller und Pfennig berechnet. Dieser Mann würde sich durch den Nachweis ein Verdienst erwerben, wieviel die Kirchen und Schulen einschließlich der milden Stiftungen bei der Separation gewonneil haben.
Der unter dem Consistorial-Präsidenten v. Mittelstädt stehende Bischof Ritschl gilt als Freund der Union und somit als Gegengewicht gegen die Einflüsse des Präsidenten im Konsistorium, ohne daß sich angeben ließe, von welcher nachhaltigen Wirkung sür die Kirchenverwaltung sein Streben sein wird. Für Diejenigen, welche mit der alten Kirche zerfallen waren und keine Kirche mehr besuchten — deren Zahl soll in