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ungefähr in der Manier, wie sie G. Sand in ähnlichen Stücken charakterisirt, sentimentale Aperyns mit verwirrten Anschauungen vermischt;) Fanstine, 18i1; Reisebriefc, -,8-i-I (a»S Spanien, Frankreich n. s. w.); Ulrich, 1841; Cecil, -I8L1; Sigismnnd Förster, 18/..-I; die Kinder ans dem Abendberg, 18i2; ein Reiseversnch im Norden, 1843; Clelia Conti, -1844; zwei Franen, -I84S; Sibylle, -1846; Lewin, -1847 (znm Theil veranlaßt durch die oben erwähnte Satyre).
Das fashional'le Publicum hat ihre Werke mit großer Anerkennung anfge- nommcn; sie ist die gclescnste unter allen Dcntscheu Belletristen. Dagegen hat sich die Kritik unausgesetzt gegen sie empört, zum Theil über Gebühr, weil man nnr die^Parteischriftstellerin betrachtete nnd das wirkliche Talent übersah. Alles Schlimme, was von ihr gesagt worden ist, hat Fanny Lewald, die Dichterin der Jenny (1843), so ziemlich in ihrer Diogena zusammengetragen (-1847). In diesem Noman, der die schriftstellerische« Schwäche» der Gräfin nugefähr iu derselben Weise verspottet, wie Hauff iu seinem „Mann im Mond" die Manier Clanren's, können wir zusammengedrängt, wenn auch carrikirt, die verschiedenen Seiten ihrer Richtung verfolgen. Fanny Lewald hat ihr nicht blos die kleinen Schwächen ihres Gemüths, ihres Charakters uud ihrer Schreibart abgelauscht, sondern sie ist auch auf die Gruudquelle derselben zurückgegangen, ans jenen raffinirten Egoismus des Herzens, das in sich selber den Brennpunkt der Welt anschaut uud in den Menschen nicht gleichberechtigte Wesen, sondern nur Gegenstände der eignen „Emotion". Sie hat ganz richtig gesehen, daß diese Jsolirnug des Herzens sich an ihm selber rächt, denu sie führt zu einem willkürlichen Denken und Empfinden und dadurch iu eiu Jdcenlabyrinth, aus welchem keiu Ausweg zu fiuden ist. Wenn sie ihre Heldin im Wahnsinn enden läßt, so ist das freilich hart uud vom künstlerischen Gesichtspunkt zu verwerfen, dcun jede echte Satyre soll humoristisch abschließen, aber an sich ist cö nicht ganz unrichtig. Zügellose Willkür der Phantasie nnd leidenschaftliche Selbstsucht des Empstudcus führen zwar nicht immer zum physischen Wahusinu, wol aber zu jener geistige» Verworrenheit, in der man keinen Schritt mehr berechnen kann, denn es ist kein Gesetz vorhanden.
Aber das Bild ist doch nicht vollständig. Znm Theil ist in diese einzige Individualität zusammeugedrängt, was sich bei dem weiblichen Gemüth, wenn es über seiue Schranken hinaustritt, überhaupt findet, bei Fanny Lewald so gut, wie bei dem Gegenstände ihrer Satyre, theils ist auf die' guten Seiten, die doch der Gräsin nicht fehlen, gar keine Rücksicht genommen. Einmal hat sie etwas mehr Esprit und Eigenthümlichkeit, als die meisten übrigen Schriftstellerinnen; sodann ist sie in einem freilich beschränkten Kreise der Welt wirklich zu Hause, nnd macht daher trotz ihres Raffinements zuweilen den Eindruck einer gewissen Natnr. Zudem erhebt sie ihr aristokratisches Selbstgefühl, welches freilich in anderer Beziehung verletzend genug auftritt, über jene Gemeinheit, die sich bei
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