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Stille und Schweigen in mir Entwickeln soll." — Der Mai 1849 verstärkte diese Eindrücke. Sie erlebte den Dresdener Aufstand mit, und gleichzeitig traf sie ein harter persönlicher Schlag: ein Mann, der sich ihr in den letzten Jahren angeschlossen hatte, in dem sie endlich „den Rechten", gefunden, aber ohne durch ein eheliches Band mit ihm vereinigt zn sein, starb nach einer langen Krankheit. Nach einiger Zeit der dumpfen Mnße beschloß sie endlich „Licht zn finden". Sie ließ sich die/Beschlüsse des Tridcntinischen Concils, sowie die symbolischen Bücher der Protestanten geben, verglich sie mit einander nnd fand, daß in der katholischen Kirche allein Seligkeit zu finden sei. Sie fand es, weil sie es bereits vorher finden wollte. Den 1. Jannar -I8S0 schrieb sie an den Cardinal Fürstbischof von Breslau, um ihn zn bitten, ihr znm Eintritt in die Kirche behilflich zu sein; in Berlin trat sie feierlich über, und ruft nun am Anfange ihres Bnches mit einem Entzücken nnd einer Begeisterung, die uus uvch mehr ergreifen würden, wenn sie — nicht aus den Bekenntnissen einer schonen Seele abgeschrieben wären: „Ich glaube! O wenn es Worte gäbe, nm die Empfindungen auszudrücken, mit denen ich sage: Ich glaube u. s. w." '
Wenn sie dann hinzusetzt: „Es ist, ich möchte sagen, der Vorzug Derjenigen, welche in immensen Irrthümern gelebt haben: wenn sie endlich glauben, so ist es ein immenser Glaube, große Seelen werden schnell durch ihn verwandelt u. s. w." — so müssen wir gestehen, daß daö vorliegende Buch kein erheblicher Beleg für diese Behauptung ist. Wir finden nicht die geringste Verwandlung. Wir finden dieselbe hohle, gespreizte Eitelkeit, dieselbe Coqnetterie, es fehlt nnr, wie es bei Damen immer zn geschehen pflegt, wo sie sich in philosophische Reflexionen, d. h. in ein Raisonnement über Dinge verlieren, von denen sie entweder gar Nichts, oder, was noch schlimmer ist, einiges Wenige verstehen, — cö fehlt jener Reichthum an kleinen Delailanschaunngen, die uns eine vielgereiste Fran in der Novelle iminer zu geben weiß. Wir habe» Nichts weiter, als ein verworrenes und zerfahrenes Gerede über Dinge, die bereits hnndertmal besser nnd gründlicher erörtert sind. Wenn sie von Luther sagt: „Er fand ein Weib, das seiner würdig/ war. Die entlaufene Nonne schickte sich anss Beste für den abtrünnigen Mönch; das Maß der gebrochenen Gelübde wurde dadurch erfüllt, und von den niedern Vorzügen der Menschlichkeit der breiteste Besitz genommen," — und diese» Ausspruch dadurch erläutert: „Protestautische Menschen müssen alle in einer Weise ihr Leben hinbringen, sie müssen heirathen, sonst sind sie überflüssig nnd nehmen Andern den Platz fort; abgesehen davon, daß eine gänzliche Untenntniß des menschlichen Wesens ans dieser einförmigen Einrichtung spricht, liegt ihr auch uoch eine erstaunliche Trivialität zu Grunde, denn ihr zufolge wird nur der Leib eines Menschen geschätzt, nicht seine Seele," — so ist das zwar gemeiner nnd abgeschmackter, als irgend Etwas, was sie in ihren frühern Schriften gesagt hat, aber es ist ebenso wenig neu, als es wahr ist. Die Schlegel, Adam