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Das Standbild Friedrich´s des Großen in Berlin.
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nur halb einzunehmen wagt. Aus dem dritten Relief überreicht Pallas dem jungen Friedrich ein Schwert. Anch hier der gleiche Gegensatz des Costumö: die Göttin im antiken Gewände, Friedrich in der steifen militärischen Uniform, zu welcher das antike Schwert kaum passender erscheint, als ein moderner Husarensäbel fleh znr Kriegertracht eines Cvriolan oder Scipio eignen würde. Hinter beiden Fi­guren bemerken wir eine Kanone und eine Reihe Preußischer Grenadiermützen »ach dem Mnster des ersten Gardercgiments zu Fuß. Diese drei Reliefs bilden in abgetheilten Feldern den Schmuck der ersten Seitenansicht. In ganz ent­sprechender Anordnung bedecken drei andere die Wandfläche der zweiten Seitenansicht des obern Piedestals. Sie zeigen den König in persönlicher Theilnahme an In­dustrie uud Kuust, während jene seine» ersten Bildnugsgaug versiunlichen sollten. Aus dem vierten Relies finden wir Friedrich daher in der Werkstatt eines Webers, von dessen Tochter er sich ein Stück Leinwand zeigen läßt. Die hinter ihm stehende Pallas Athene reicht deM am Webstnhl sitzenden Handwerker die Spindel zurück. Das füufte Relief führt uuö in Friedrich'S Einsamkeit. Er steht in seinem Zimmer, gegen einen Sessel gelehnt, die Beine über einander geschlagen, nnd entlockt seiner geliebten Flöte die Töne, mit denen er so oft den Sturm seiner Seele beschwichtigte. Drei Musen umschweben ihn: Enterpe mit' den Flöten, Erato mit der Leier und die leise tanzende Terpsichvre. Im sechsten Relief läßt der König sich eine Statne zeigen, welche er zum Schmucke des im Hintergründe sichtbaren Lustschlosses Sanösouci bestimmt hat. Ein Windspiel liegt zn seinen Füßen und blickt zu ihm empor, mit eiucm zweiten spielt seine rechte Hand. Dieses sechste Relief ist das einzige, in welchem nns jene Mischung des Rococo nicht entgegentritt. Um so barocker erscheint mir wieder das Relies der Vorder­ansicht: Friedrich wird vom Adler in den Himmel getragen. Ein weites Grab­gewand umfließt seiueu Körper, und, die Palme im Arm, den Lorbeer aus dem Haupte, wird er umstrahlt von der Sonne des Nnhmes. Die Züge des Antlitzes vereinigen in geistvoller Weise die Aehnlichkeit des Portraits mit einem Ausdruck der Vergeistigung durch deu Tod. In einer obern Ecke bemerken wir eine symbolisch vignettenartige Verbindung von Krone, Schwert, Feder, Lorbeerzweig und Lorbeerkrauz.

Es bedarf kaum der Versicherung, daß die Ausführung dieser Reliefs viel Verdienstliches enthält, obwol sie nicht so dnrchgehends vollendet ist, wie an den übrigen Theilen des Denkmals. Aber die ihnen zn Gründe liegende Absicht auf historische Charakteristik^überschreitet die Grenzen der Wahrheit in der charakteri- sirendcn Kunst. Es kann unmöglich die Ausgabe der Kunst sein, daß sie die ästhetischen Verirruugen einer geschichtlichen Zeit zn nener künstlerischer Darstel- lnng bringe, um diese Zeit im plastischen Bilde zn schildern. Solche Elemente der Schilderung dürfen einzig der Ueberlieferung durch die Schrift in Geschichte uud Kritik verfalleil sein. Sie künstlerisch wiedererwecken, da sie doch dem Leben Grcnzvoten. II, i»5>>. 37