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Mutter Kirche finden. Die Bußpredigten des Herrn von Gerlach deuten schon ziemlich energisch darauf hin. Was einzelne Ueberläuser nicht thun, wird eine allgemeine pnyseitischc Hiuueiguug zu der allgemeinen Kirche zu erreichen trachten, und wir werden dann den Feind, der uns jetzt immer nur sporadisch nnd unter den verschiedenartigsten Masken entgegentritt, in geschlossener Phalanx vor uns sehen.'
Die beiden Bekehrungen, von denen wir hier sprechen, sind freilich erst individueller Natur, aber sie find ein sprechendes Symptom für die Tendenzen des reactionairen Geistes, wie es im Anfang dieses Jahrhunderts die Bekehrungen der in sich gegangeueu Nomantiker waren.
Die Gräfin Hahn hat ihre neueste Wendung in einem ihrer frühern Romane vorahnend angedeutet: sie läßt ihre Heldiu Faustine, nachdem sie eine Menge von .Liebesversuchen mit mehr oder minder Erfolg durchgemacht, endlich den wahren Seeleubräntigam erwählen,, der ihrem Herzen Frieden gibt. Damals verhielt sie sich zu diesem Ausfluß der Blasirtheit noch halb ironisch, und wir stehen auch heute noch nicht dafür, daß diese Jrvuie sich uicht uoch zum zweiten Male einstellt. Die Lelia's und Faustiuen finden auch im Schooß der Kirche, auch wenn sie sich bis in die Einsamkeit des Klosters flüchten, immer eine harte und com- pacte Wirklichkeit vor sich, der ihr Gemüth widerstrebt, und sie können einmal klostermüde werden, so wie sie früher weltmüde wurden. In diesem Augenblick hat zwar die Gräfin, ergriffen von dem drohenden Ernste des RevolntionSjahres, den Leichtsinn ihrer schriftstellerischen Vergangenheit verläugnet, aber sie wird dabei im Stillen das immer noch sehr lebhafte Gefühl haben, daß sie in derselben trotz aller Verirrungen eine sehr geistreiche Frau war. Wenn nun einmal Einer ihrer nenen Alliirten aus den Einfall kommen sollte, diese Vergangenheit zur Ehre Gottes mit einiger Energie zu geißeln, so könnte die alte Liebe doch wieder erwachen, und sie könnte die Rückreise von Jerusalem nach Babylon antreten, um so mehr, da es in dem Jerusalem ihres Herzens nicht viel anders aussehen wird, als in dem Babel ihrer Gedanken.
Herr von Florenconrt ist das getreue Abbild der altromantischen Apostaten. Gleich ihnen hat er srüher mit einem schrankenlosen Kosmopolitismns für sämmtliche Religionen des Weltalls geschwärmt, wenn sie nur etwas Bestimmtes und Handgreifliches hatten. Er hat versichert, mit den Hottentotten nnd Eskimo's sich in andächtigem Glaubensgesühl verewigen zu können, nur uicht mit den Rationalisten, die ihr göttliches Weseu iu abstracte Gedanken auflösten. Mit heiliger Scheu hätte er jene Speise genossen, die der Dalai-Lama seinen Gläubigen bietet, weil sie etwas Concretes nnd Naturwüchsiges ist. Ein solches Hin- nnd Herfahren in dem unermeßlichen Pantheon aller Nationen ermüdet znletzt einen schwachen Geist, er wird eine Auswahl treffen und diejenige Form der Religion vorziehen, in welcher das Concrete uud Naturwüchsige, um mich eines popnlairen Ausdrucks zu bedienen, am Dicksten ist.