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Eugen Scribe : die Mährchen der Königin von Navarra.
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Gugeu Scribe.

Die Mährchen der Königin von Navarra.

Das neue historische Stück Scribe's, welches im rkval-rs krau^sis ein sehr zahlreiches und aufmerksames Pul'licnm versammelte, geht nun ziemlich auf allen deutscheu Bühnen über die Breter. Auch Leipzig hat sich angeschlossen. Da über das Drama selbst wenig zu sagen ist, weil man bei einem Jntrignenstück dasjenige, worauf es ankommt, nur iu Bauschund Bogen beurtheilen, aber nicht wohl analysircn kaun, so benutzen wir diese Gelegenheit, um über das Genre selbst und Herrn Scribe Einiges zn bemerken.

Man pflegt diesen Dichter in Deutschland, obgleich seit Kotzebue's Tod ('1819) alle Bühnen mehr oder minder von ihm leben, noch immer zu genug anzuschla­gen. Zwar erkennt man ihm gern ein gewisses theatralisches Talent zu, aber die Zunft läßt ihn nicht als ebenbürtig gelten, und doch übertreffen nicht nur seine Drameu diejenigen seiner Pariser Nebenbuhler fast ebenso wie das neue franzö­sische Theater im Ganzen genommen das deutsche übertrifft, sondern er bezeichnet cmch einen wesentlichen Fortschritt in der dramatischen Kunst. Durch ihu ange­regt, sind jüngere Talente aufgetreten, die ihn in mancher Beziehung übertreffen, sowohl in der Feinheit der Sprache, die übrigens beiläufig in der neuern Zeit einen etwas zu starken Kaut xout bekommt, als auch in dem Komischen der Si­tuationen. Ich erinnere nur au zwei Stücke, die auch iu Deutschland Auklaug gefunden haben, Iv man ü, la e-amMAne, von Bayard nnd deVailly, und un war! <M ävrauKk, von Cormon und Grangv. Aber die Scribc'sche Schule ist in ihnen unverkennbar, uud man darf nur diese Art des Lustspiels mit Möllere und auch aus der spätern Zeit mit Beaumarchais vergleichen, um in der Zeichnung der Charaktere, der geschickten Verbindung der Situationen, der Feinheit des Dialogs und selbst dem guten Geschmack, einen sehr wesentlichen Fortschritt zu entdecken. Die genauere Analyse der berühmtesten Lustspiele Mo- liöre's, seiner sogenannten classischen Werke, ergibt eine große Masse uu-

Grenzboten. II. 1851. 1