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Deutschbaltische Mannes- und Gelehrtenkämpfe
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rungen eines alten Mannes" W, v, Knegelgen erkennen. Aber man findet hier noch etwas, was unserer Zeit besonders nottut: ein auch unter dem härtesten Schmachdruck nicht totzukriegendes völkisches Hoffen, gegründet auf wahrhaft fromme Ehrfurcht vor einer ewigen Gerechtigkeit. Jeder Grenzboten, leser wird nachfühlen, was die beiden folgenden, lose aneinandergereihten Proben aus SchroedersLebenserinnerungen" sagen wollen.

Seite 121:Sine kleine Episode aus Berliner Tagen (um 1890) ... Ich hatte bei einem Abendessen im Hauie Johannes Schmidts (bekannter Sprach­forscher) einen Platz neben dem damaligen Dekan der Philosophischen Fakultät, dem Zoologen Eilhart Schulze erhalten, uns gegenüber saß Adolf Wagner (der Nationalökonom, früher in Dorpat). Als ich Schulze ans seine Frage nach meiner Herkunft gesagt hatte, daß ich Livländer sei, bemerkte er:Sie sind also Russe!" Ehe ich ihm aber auf diese jedem Livländer verhaßte und zudem ganz verkehrte Qualifikation die entsprechende Antwort geben konnte, fuhr schon Adolf Wagner auf ihn los:Was sagen Sie da? Der Herr soll ein Russe ?ein? Ich kann Ihnen nur sagen, er ist ein viel besserer Deutscher als Sie!" Und nun sprach er in flammender Begeisterung über die Balten, die Livländer und ihre opfervolle, hartnäckige Verteidigung und Bewahrung des angestammten deut­schen Wesens. Er sprach so, daß der gcmze Tisch ihm zuhören mußte, und redete noch immer weiter, als wir uns schon von der Tafel erhoben hatten. Bei dieser Gelegenheit sagte Wolf Wagner ein Wort, das sich mir unverlöichlich ein­geprägt hat:Ich habe in meinem Leben zweimal Augenblicke erlebt, in denen ich deutlich die Empfindung hatte, daß es mir vergönnt war, in die Zukunft hinauszuschauen. Das erste Mal war es, als ich in jungen Jahren vor dem Straßburger Münster stand. Da sagte ich mir: Das wird noch einmal wieder deutsch! Da§ zweite Mal stand ich als junger Professor vor der Donrruine in Dorpat. Und auch da sagte ich mir: Das wird noch einmal wieder deutsch! Dias erste habe ich erlebt, das zweite hosfe ich noch zu erleben!"

Adolf Wagner h a t in die Zukunft gesehen freilich so scheint es gegenwärtig auch nur begrenzt: Straßburg und Dorpat nicht mehr deutsch?? Was ist des Deutschen Baterland? Soweit die deutsche Zunge klingt! Auch obenAlldeutscher" zu sein, muß man die innersten Bedingungen und Belange unseres völkischen Daseins so mit dem Herzen erfassen, wie e« Schrocder in einigen Strophen seines Festspiels zum 75jährigen Jubelseste seiner geliebten Livonia" (1897) getan hat, dann wird man fühlen uud erahnen, wie allein es kommen soll und mag, daß deutsche Art nicht totzukriegen ist:

. . > Das Haus, an dessen Tor die neue Welt

umkehren muß, trotz Schmeicheln, Drohn und Bitten?

das Haus, wo man getreu in Ehren hält

die Männer, die für unser Land gelitteu

Das Haus, wo aus des Glaubens Zuversicht

die Hoffnung täglich wieder wird geboren,

dies Haus erliegt dem wilden Sturme nicht,

dies Haus geht nun und nimmermehr verloren!" Dii Wiedergeburt des deutschen Hauses als der Brunnenstube der deutschen Zukunft, des Volkes, des Vaterlandes das ist der hoffnungshelle Ausblick, mit dem wir von diesem edlen Marmesleben Abschied nehmen, wie von einem echten, treuen Freunde.