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Gruppe zu. Martin Luserke in Wickersdorf Pflegt ebenfalls seit Jahren den Gruppentanz. Magd« Bauer, eine Münchener Tänzerin, hat bis vor etwa einem Jahre auch Gruppentänze gezeigt, in denen viel Beachtenswertes gegeben wurde. Neuerdings s-ucht auch Jutta Klamt (Berlin) die Gruppe? auf ihrem letzten Tanzabend tanzten einige ihrer Schülerinnen einen von ihr geschaffenen Gruppentanz, aus dem viel kompositorische Kraft und Naumempfindung sprach.
Die Frage der Gruppe ist für den modernen Kunsttanz nicht ganz einfach: das Ballett hatte es leichter, da es dort vor allem auf exakte Uebereinstimmung der ausgeführten Uebungen ankam. Das Wesen der neuen Gruppe hat die Eigenart des einzelnen Tänzers hinsichtlich seiner tänzerischen Einstellung, ob er Hoch--, Mittel- oder Tieftänzer ist, ob er rund oder spitz, impulsiv oder in langen Spannungen tanzt, zu berücksichtigen. Es handelt sich dabei also zuerst darum, daß der Tänzer sich selbst finde in der Eigenheit seines rhythmischen Gebens und dann darum, daß sich die Zusammengehörigen zusammenfinden, daß es an kontrastierenden und widerstrebenden Elementen nicht fehle. Auch in dieser Hinsicht hat der moderne Tanz in der Gruppe alles Veräußerlichende und mechanische Zusammenstellen zu vermeiden, und wie der Einzeltanz ein in sich geschlossenes organisches Gebilde sein muß, ist Voraussetzung für die Gruppe, daß die einzelnen Glieder im Menschlichen und Seelischen, d. h. im Organisch- Rhythmischen einen Zusammenklang ergeben, damit aus der Gruppe das gemeinsam gebaute Kunstwerk erstehen kann.
Wettspiegel.
10. Mai.
Spannungen und Entspannung««. Vor wenigen Tagen hätte ein gutgläubiger Zeitungsleser aus einer nicht geringen Zahl von Blättern den Eindruck gewinnen können, als ob wir vor nichts geringerem stünden als dem Zusammenbruch der Entente. Von allen möglichen Seiten wurde versichert, daß die am 6. Mai erfolgte Rückkehr Barthous von seiner Pariser Reise notwendig den endgültigen Bruch zwischen Frankreich und England zur Folge haben müsse.' Die Aufregung, die die offensichtliche Zuspitzung der Lage hervorrief, trug nicht gerade dazu bei, die Gemüter in Genua zur ruhigen Beobachtung und zum kühlen Nachdenken über die obwaltenden Wahrscheinlichkeiten zurückzuftthren. Und so blieb es einige Tage bei der Verbreitung wilder Gerüchte und dem Hinaussenden trübe gefärbter Berichte.
Aber es war nicht nur die Nervosität ängstlich gewordener Beobachter, woraus die Alarmnachrichten hervorgingen, sondern es waren auch gewisse diplomatische Fechterkunststücke, die darin zum Ausdruck kamen. Frankreich, das nach einer Möglichkeit suchte, die Konferenz auseinanderzutreiben, die Schuld daran aber einer anderen Macht in die Schuhe zu schieben, bediente sich der günstigen Umstände, um alle geeigneten Kanäle zu finden, durch die die Haltung Englands in den Augen Frankreichs und seiner Parteigänger diskreditiert werden konnte. Von dieser Seite wurde die bestimmte Behauptung wiederholt, daß Llohd George bei verschiedenen Gelegenheiten gedroht habe, sich von Frankreich loszusagen und neue Freundschaften zu suchen. Daß er Barthou gegenüber geradezu schroff, ja sogar