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Bücherschau : neue Bücher aus Oesterreich.
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wohl gelungen, das Andenken dieses bedeutenden Menschen in unserem Bewußt­sem zu retten. Tmnit hat er viel geleistet und wir müssen bankbar sein. J-m gleichen Verlage gibt Hohlbaum auch die Gedichte Günthers heraus, um nicht nur dessen Leben, sondern auch dessen Werke der Nachwelt zu erhalten.

Der liebenswürdige Roman von einer Frau istDie Liebesleiter" von Maria Peteani. Hier gelang es zum ersten Male ein« weiblichen Dichterin, den Lebenslauf einer großen Kokette künstlerisch einwandfrei zu ge­stalten, stets über dem Stoffe zu bleiben, nicht in diesem zu ertrinken. Der Roman ist leicht und flüssig geschrieben, regt durchwegs das Interesse des Lesers an und stempelt das Buch durch seine Art zu einem Unterhaltungsbuche höherer Art. Und daß alles Geschehen des Buches so aus dem Geiste der Frau her­aus gestaltet und geschrieben ist, verleiht dem Romane Maria Peteanis einen Schleier besonderer Anmut.

Liebe ist auch der Inhalt des Romanes von Emil SchollDas Aben - teue r", der sich mit seinem prächtigen historischen RomaneDie Roßtäuscher", einen guten Namen gsmacht hat. Zwei Menschen aus verschiedenen Gesell­schaftsklassen finden sich durch einen wunderlichen Zufall und was sich daraus entspinnt, ist die Geschichte einer starken sinnlichen Liebe, die hell auflodert und rasch wieder verbrennt. Der Faden der Handlung ist Wohl etwas dünn geraten und auch die treffliche Schilderung der kleinbürgerlichen Umwelt des Mädchens kann darüber nicht hinweghelfen. Es steckt vielleicht etwas zu viel an reiner Unterhaltungsliteratur in diesem Buche, das sonst geschickt und spannend ge­schrieben ist.

Von Büchern anderer Art des gleichen Verlages wäre vor allem das Sibirische Tagebuch" des Dr. Burghard Breitner zu nennen, des großes Arztes und Menschenfreundes, der von den deutschen und österreichischen KriegsgefangenenEngel von Sibirien" genannt wurde. Es ist ein Werk von größtem Format, dem man Unsterblichkeit ruhig voraussagen kann. Es wird bestehen bleiben als menschliches und künstlerisches Dokument des Krieges und der unermeßlichen Leiden aller Kriegsgefangenen in Sibirien. Wer es steckt auch ein gutes Stück Manuesmut in diesem Buche, dessen Verfasser sich 1921 noch zu den Gefühlen bekennt, die ihn in den Augusttagen des Jahres 1914 beseelten. Und es ist gleichzeitig ein Bekenntnisbuch schönster Art, hinter dem ein ganzer aufrechter Mensch steht. Daß Dr. Breitner aber auch ein Künstler ist, der Eindrücke zu gestalten versteht, wird jeder zugeben, der dieses denkwürdigesibi­rische Tagebuch" gelesen hat. Daß es recht viele lesen mögen, solche, die dort waren und solche, denen es erspart blieb, ist mein warmer Wunsch.

Einen interessanten Band Briefe hart der verstorbene große Schauspieler Josef Kainz hinterlassen. DieBriefe von Josef Kainz" (heraus­gegeben von Hermann Bahr) legen dafür Zeugnis ab. Der Eindruck, den man immer bei Kainz hatte, verstärkt sich durch diese Briefe: hier ist nicht nur ein bedeutender Schauspieler am Werke, sondern auch ein wirklicher Künstler. Sie zeugen dafür, daß Kainz ein Mensch war, der unermüdlich an sich arbeitete, der für alle Wissensgebiete warmes Interesse besaß, der Uebersetzungen aus dem Englischen machte und der sich so gar nicht komödienhaft mit dem Leben als einer durchaus ernst zu nehmenden Sache heftig und ehrlich herumschlug. Man meint die unnachahmliche Klangfarbe seiner Stimme zu hören, wenn man diese Briefe liest, dieses Organ, das die Nerven des Zuschauers immer sogleich anpackte und Genuß, Erschütterung übermittelte, die unvergeßlich bleiben.