Maxim Gorki
Die Zerstörung der Persönlichkeit
Von a x i m Gorki
Unseren Standpunkt gegenüber dem bolschewistischen Dichter haben wir im vorigen Heft angedeutet.
Die Schriftleitung.
I.
Das Volk ist nicht nur die Kraft, die alle materiellen Werte schafft, sondern auch die einzige unversiegliche Quelle geistiger Werte- der zeitlich erste Weise und Dichter, in Schönheit und SHaffcnsgeist der Schöpfung, der geformt hat alle großen Gedichte, alle Tragödien der Erde, und die größte unter ihnen — die Geschichte der Kultur der gesamten Welt.
In den Zeiten seiner Kindheit, geführt durch seinen Selbsterhaltungstrieb, kämpfend mit nackten Händen gegen die Natur, erfüllt von Furcht, Erstaunen. Bewunderung vor ihr, schafft er die Religion, die seine Poesie darstellte und die ganze Menge seiner Kenntnisse über die natürlichen Kräfte einschloß, die ganze Erfahrung, die er in den Zusammenstößen mit den feindlichen Kräften außer ihm erworben hatte. Die ersten Siegs über die Natur haben in ihm ein Gefühl der Standhaftigkeit hervorgerufen, des stolzen Selbstbewußtseins, den Wunsch nach neuen Siegen, und trieben ihn. zur Schöpfung des heroischen Epos, das zum Behälter der Kenntnisse, die das Volk über sich selbst hatte, und seiner Forderungen an sich selbst geworden ist. Darauf gössen sich Mythos und Epos zusammen, denn als das Volk die epische Persönlichkeit schuf, begabte es sie mit aller Macht gemeinschaftlicher Geistigkeit, die es den Göttern gegenüber oder zu ihrer Seite aufstellte.
Nehmen wir das Geschlecht in seinem unaufhörlichen Kampfe um das Leben. Eine wenig zahlreiche Gruppe von Menschen, die überall von Äußerungen der Natur umgeben ist, sieht eng in beständiger Berührung das eine mit dem anderen. Das Innenleben jedes ihrer Glieder ist den Blicken der ganzen Welt offen; seine Empfindungen, seine Gedanken, seine Unterstellungen werden das Erbgut der ganzen Gruppe, jedes Mitglied der Gruppe drängte instinktiv, sich bis zum Ende auszudrücken, — das entzündete sich in ihm durch die Empfindung des Nichts seiner Kräfte vor den erschreckenden Kräften des wilden Tieres und des Waldes, des Meeres und des Himmels, der Nacht und der Sonne — dies entzündete sich auch an Visionen, die während des Schlafes erscheinen, und auch durch das ü'...!Me Leben der täglichen und nächtlichen Schatten. So vermischt sich die persönliche Erfahrung unmittelbar mit den Beständen der Gemeinschaftlichkeit, jede gemeinsame Erfahrung lag in der Reichweite jedes Mitgliedes der Gruppe.
Die Einheit stellte die Verkörperung eines Teils der physischen Kräfte der Gruppe und aller ihrer Kenntnisse ihrer ganzen seelischen Energien dar. Die Einheit verschwindet, getötet von einem Notwild, vom Blitz, zerschmettert von einem gestürzten Baum, von einem Stein oder gar verschluckt vom Sumpf oder der Strömung eines Stromes — alle diese Fälle sind in Erwägung gezogen durch die Gruppe als eine Offenbarung der unterschiedlichen Kräfte, die ständig den Menschen auf allen seinen Wegen feindselig belauern. Das läßt in der Gruppe eine Traurigkeit entstehen, verursacht durch den Verlust eines Teils ihrer körperlichen Energien — die Furcht neuer Verluste, den Wunsch, sich gegen sie zu rüsten, der Kraft des Todes die ganze Widerstandskraft der Gesamtheit entgegenzusetzen, und ein natürlicher Wunsch, gegen sie zu kämpfen, sich an ihr zu rächen. Die Geschicke der Gesamtheit, hervorgerufen durch den Verlust körperlicher Kräfte, drängten sich in dem einzigen unbewußten, aber unabwendbaren und ungeheueren Wunsch zusammen, den Verlust zu ersetzen, den Verschwundenen wieder auferstehen
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