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Reparationskohle und Genua
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Repara t i oüs! ohlv und Genua

Reparationskohle und Genua

IN Streit um den Preis, der bei der Anrechnung deutscher Kohlenlieferungen auf Grund des Friedensvertrages und des Ab­kommens von Spa auf das Reparativns- konto zugrunde zu legen ist, stehen sich zwei Meinungen schroff gegenüber. Diese alte Streitfrage wird auf der Konferenz von Genua von neuem aufgerollt werden, und zwar geht die Initiative dazu von England aus. Begreiflich: hat doch die bisherige Praxis in dieser Angelegenheit zu Schädigungen Englands geführt, die durch das Zufallsmoment des englischen Kohlen- arbeilerstreiks noch weit stärker zur Aus­wirkung kommen konnten, als es ohne den Streik der Fall gewesen wäre. Wir wissen, daß die deutsche Kohle, die Frankreich und Belgien bisher zum deutschen Inlandspreis empfingen, nicht allein zur Befriedigung des französisch-belgischen Eigenbedarfs heran­gezogen wurde, sondern das; sie zu Preisen, die vom Weltmarktpreis der englischen Kohle nicht allzuweit entfernt sind, ans Ausland abgegeben worden ist. Nicht nur die Speku­lationsgewinnsucht des gegnerischen Fiskus und der privaten Empfänger von deutscher Kohle ist an dieser Erscheinung schuld, son­dern einmal die tatsächliche Überlieferung , der beiden Länder über ihre eigene Konsum­kraft hinaus und weiterhin die Furcht, ihre eigenen Kohlengruben könnten unter der Konkurrenz der deutschen Kohle im Inland und auf den ausländischen Absatzmärkten Schaden nehmen. So sehen wir denn als Nutznießer der billigen deutschen Kohlen­lieferungen nicht nur die direkten Nepara- tions-EmPfänger, sondern auch die benach­barten Neutralen Holland und Skandinavien, die andernfalls gezwungen gewesen wären, dafür teuere englische Kohle zu beziehen. In allen Fällen trat überdies die deutsche

Kohle in schärfste Konkurrenz mit der eng­lischen Ausfuhrkohle, und diese Konkurrenz wurde bis zur Unerträglichkeit verschärft, nachdem derSireik in den englischen Kohlen­gruben die dortige Produktion auf Wochen völlig lahmgelegt hatte. Auch nach Wieder­aufnahme der englischen Produltion machte sich der unfreiwillige deutsche Wettbewerb empfindlich bemerkbar, zumal es sich um allerbeste deutsche Qualitäten handelt, die für Neparationszwecks beansprucht und ge­liefert werden. Das englische Interesse deckt sich also auch in dieser Frage keineswegs mit dem französisch-belgischen. Die engli­schen Kohlenproduzenten und-Händler werden erleichtert aufatmen, wenn nur erst die deutsche Kohle den Franzosen zum Welt­marktpreis geliefert wird.

Wenn es sich um weiter nichts handelte, so würden die englischen Wünsche mit deit deutschen Forderungen vollkommen parallel laufen. Einflußreiche englische Kreise halten es aber für unbedingt erforderlich, daß eine solche Anrechnung der deutschen Lieferunzen zum Weltmarktpreis (bzw. znm Preis der englischen Kohle ab französischem Einfuhr­hafen) nur dann in Erwägung gezogen wird, wenn gleichzeitig die deutschen Kohlenpreiso im Inland auf die gleiche Höhe gebracht werden. Und für die Franzosen ist dieses sine cius nc>n erst recht selbstverständlich, und jede andere Regelung ohne diese Vor­aussetzung undiskutabel. Bevor wir die Folgen einer solchen Preisangleichung für Deutschland und die anderen besprechen, wollen wir an Hand klarer Zahlen die tat­sächlichen Verhältnisse betrachten. Es kosteten sin Deutschland und Frankreich je Tonne zu 1000 KZ, in England je Tonne zu 2240 !Ks gleich 1014,7 KZ):

Ende 1913

Dezeniber 1921

Steigerung gegen 1913

Deutschland

Anthrazit Nuß I Nußkohle I und II

M 20.75 M 17,50

M. 096,70 M. 610,

3357.6 °/o

3485.7 °/o

England lZest VorKsKiro dlLvvLastl6,steo,m best

s 17/0 s 14/6

s 29/ S 28/

165.7 °/° 193,1 °/o

Frankreich Förderkohle, Paris

Juli 1914 Frs. 21,

Frs. 82, (November 1921)

390,5 °/°

ES Wäre gefährlich, aus diesen Zahlen falsche Schlüsse zu ziehen. Denn einmal ist die Geldentwertung in den einzelnen Ländern ganz verschieden groß, und dann ist auch das durchschnittliche Einkommen der Werktätigen

Bevölkerung prozentual gegenüber dem Friedenseinkommen in ganz verschiedenem Maße gestiegen, in einem Maße, das jeweils dem Grad der Geldentwertung mehr oder weniger angepaßt ist. Wir müssen uns

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