Federstriche
Der verbotene Sattler oder:
Wie die deutsche Republik durch die „Frankfurter Zeitung" gerettet wurde.
I, Akt.
Ein wörtlich abgedruckter Artikel der „Frankfurter Zeitung", 66. Jahrgang Nr. 96».
„Gegen die deutsche Republik.
Die Pflege der staatsbürgerlichen Erziehung scheint an manchen Gymnasien in Bayern unter eigenartigen Gesichtspunkten zu erfolgen. Die sozialdemokratische „Münchner Post" macht auf das „Lehrbuch der Geschichte für die oberen Klassen der bayerischen Gymnasien", verfaßt von Dr. HannS Stich, Oberstudienrat und Gymnasialreltor, aufmerksam, dessen siebente von Hermann Schreibmüller, Professor am Gymnasium Kaiserslautern, herausgegebene Auflage vom Jahre 1920 im dritten Teil, der die Neuzeit behandelt, auf Seite 290 folgenden Satz enthält: „Am lt. Februar (1919) wurde zum vorläufigen Reichspräsidenten gewählt: Friedrich Ebert, ein 1871 in Heidelberg geborener früherer Sattler, so recht der Vertreter der durch den Umsturz Plötzlich in die Höhe gehobenen Voltsmänner." Die „Münchener Post" bemerkt hierzu, daß der H i n- weisaufden„früherenSattler" eine bewußte undgewollteHer- absetzungdesNeichsP residenten in den Augen der Schüler bedeute und mit dem TYP der „gehobenen Volks Männer" das politische System, die demokratische Republik getroffen werden solle. Man dürfe zwar annehmen, daß Reichs
präsident Ebert den Vorstoß des Kaisers- lautener Gymnasial-Professors nicht allzu tragisch nehmen werde. Ebert sei ja ähnliches aus den Spalten der reaktionären Presse gewöhnt. Aber da es sich nicht um eine Auslassung des „Miesbacher Anzeigers", sondern um ein offizielles Lehrbuch der Geschichte für die oberen Klassen der bayerischen Gymnasien handele, dürfe eine Äußerung des bayerischen Kultusministers, und falls dieser versagen sollte, ein Einschreiten desMini st erPräsidenten erwartet werden. Habe doch Graf Lerchenfeld bei seiner Regierungsübernahme feierlich verkündet, daß er es als seine Hauptaufgabe ansehe, dieAutorität der Verfassung und der Gesetze gegen jedermann zu verteidigen, der e s w a ge, s i e a n z u t a st e n."
2. Akt.
Eine Seite aus dem Lehrbuch der deutschen Geschichte für höhere Republikaner, Frankfurt 1925, im Verlag der „Frankfurter Zeitung".
„Am 11. Februar (1919) wurde zum vorläufigen Reichspräsidenlen gewählt: Friedrich Karl August (von) Ebert, ein als kostbarste Frucht des unseligen Krieges 1870/71 auf dem Schloß zu Heidelberg geborener Aristokrat, der zwar nie, wie böswillige Schänder der Republik und ihrer Gesetze vorgeben, sich mit einem schmutzigen Handwerk befaßt hat (wie bezeichnenderweise der „Hufschmied von Wieringen", der Sproß der ordinären Hohenzollern), vielmehr in edler und vollkommener Verhüllung seines Adels so recht als Vertreter der ohne Umsturz ganz allmählich sich herabsenkenden Volksmänner sich Anspielungen verbittet" ...
Wir beginnen demnächst mit dem Abdruck zweier Artikelfolgen:
Das amerikanische Credo. Bon H. L. Mencken, Baltimore, dem bekannte» amerikanischen Satyrikcr, nnd
Kolonialpsychologie. Von Dr. Schulz-Erwerth, ehemaligem Gouverneur von Samoa, z. Zt. Brüssel.
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