Contribution 
Die Vorliebe für das Phantastische
Page
109
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

Die Vorliebe für das Phantastische

Leben nicht bereits versteinte und zu einer Maschine oder Zahl machte, eine Sehnsucht in unsern Herzen, aus dem engen Gitter, mit dem uns die Alltäglichkeit umzäunt, herauszukommen. Schon der bunte Wechselreichtum der Erscheinungen selber weht in unsere Seele einen Ahnungshauch davon herüber, daß es jenseits der Wirklichkeit eine glückvollere Welt geistiger Freiheit gibt, die wir uns zu eigen machen dürfen.

So hängt denn das Phantastische bei uns Deutschen meist auch irgendwie mit dem religiösen Stimmungs- und Vorstellungsleben zusammen. Die Visionen des Daniel und der Apokalypse haben nirgend so stark anregend und befruchtend auf die Phantasie gewirkt wie in der deutschen Kunst, die diesen geheimnisvollsten biblischen Büchern die Stoffe zu einigen ihrer wirkungsvollsten Schöpfungen entnahm.

Wem freilich die satte Selbstzufriedenheit als höchstes Glück erscheint, wer jenes Hinausdrängen über sich selbst nicht kennt, wie es edlere Geister stets kenn­zeichnet, der mag die Phantasie getrost weiter als etwas Störendes empfinden und das Phantastische als eine Verrücktheit belächeln. Es wird keine Brücke zwischen ihm und der Kunst geben. Nur wollen wir unS aber mit allen Kräften dagegen wehren, das; jener selbstzufriedene, in jeder Wirklichkeit satte Geist irgendwie bestimmenden Einfluß in unserer Kunst erhält. Denn beide vertragen sich nimmer. Wo jener Geist nüchterner Phantasiefeindlichkeit in unsere Kunst einzudringen vermöchte, da wäre ihr daS Todesurteil gesprochen. Alle Anzeichen sprechen jedoch dafür, daß mit dem deutschen Idealismus auch wieder der Sinn für das Phantastische in gutem deutschen Verständnis lebendig und wirksam werden will. Es wird damit eine neue Freude am deutschen Kunstschaffen gewonnen werden und wir dürfen hoffen, daß unsere künstlerische Kultur neue Gipfel erklimmen wird.

Für ein Aind

Ich lade dich ein: Wir wollen im Wald, wo Finken schlagen, Vorn, Dorf, in Wiesen, in Hecken am Rain, Falter fangen, Vögel jagen, Bogen schießen, Bälle schlagen, ' , Zum Sommer wollen wir Bruder sagen .... Eitel Freud' soll dein Herz sein.

Hans Schiebelhuth

?0A