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Die beiden Freunde
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Die beiden Freunde

die Neuigkeit bei der Mendtafcl erzählte, da begegneten sich unsere. Blicke unwill­kürlich, aber große Tränen standen in Jdas seelenvollem Auge, uud obgleich ihr Mund lächelte, als sie nns eine glückliche Reise wünschte, so zitterte doch ihre Stimme, Ernst, da dachte ich nicht mehr an die Abreise, sondern an das Glück, geliebt zu sein; gewiß, mein Blick müßte ihr das sagen, denn sie wendete sich ab und errötete vor Scham und Zorn über ihr eigenes Gefühl

In solche» Fälleil sind die Mütter nnd Tauten die natürlichen Alliierten der Töchter nnd Nichte». Die alte Gräfin, welcher der ganze Handel keineswegs entgangen war, rückte sogleich gege» mich i»s Feld uud verhinderte eine Er­klärung, welche mir auf der Zuuge schwebte, iudem sie mit unendlich vielen: In­teresse'mein Gutachten über eiueu Fasan einforderte, von welchem ich wirklich, glaub' ich, den für die Gesellschaft bestimmten Teller iu der Zerstreuung vor mich genommen hatte.

Lieber Gott, wie konnte ich auch so etwas denken! Nie ist mir ein Fasan so nugelegen gekommen; selbst Jda lachte über meine Verlegenheit,

Die Gesellschaft ging anseiuauder, nnd ein Zartgefühl, das ich ehren mußte, obgleich ich im ersten Augenblick darüber mißgestimmt war, ließ Jda jedes fernere Zwiegespräch vermeiden,' Vergebens suchte ich die alte Gräfin in eine Unterhaltung zu verwickeln, als ihre Gaste fort waren, vergebens fragte ich nach den schrecklich geputzten Damen, die, eine Musterkarte der Torheiten ans fünf Jahrhunderten, um uns hergingen. Die sonst über diesen Pnnkt so geschwätzige alte Gräfin wuMe durch ihre Autworten jedesmal das Gespräch so abzuschneiden, als ob die Materie bis auf den letzten Buchstaben erschöpft wäre. Als ich sah, daß alles umsonst war, machte ich die Einleitung zu einer Art von vorläufigem Abschiede, Aber die Gräfin unterbrach mich mit der Versicherung, daß der Kaffee gewiß fertig sein würde, wie früh wir auch aufbrächen.

Die Dame halte mich während uuseres Aufenthaltes immer mit große» Güte behandelt, weshalb mich ihre jetzige Kälte empörte. Selbst Jda schien um meinetwillen zu leiden nnd glaubte, so viel Härte vergüten zu müssen. Mit einer Stimme, die ich nie vergesse nnd die zwischen lebhaftein Gefühl und mädchen­hafter Schüchternheit wankte, bot sie nur Lebewohl mit den Worten:Reisen Sie glücklich, Graf Warten, denken Sie mit Güte an uns, und Gott beschütze Sie!" Daranf wendete sie sich zu ihrer Begleiterin, welche schnell mit ihr ab­ging, um ihre Bewegung und, ich glaube, ihre Tränen zn verbergen. Aber ich - lache nicht, Ernst! ich hätte nufs Knie sinken mögen; denn es war mir, als ob ein Engel des Lichts mich gesegnet hätte."

Ernst hatte mit einer Spannuug zugehört, welche zeigte, wieviel Teil er an der Erzählung seines Freundes nahm. Er lächelte; aber sein Lächeln erzählte die Geschichte inneren Kampfes nnd des EntsngeuS schöner Hoffnungen.

Unruhig und unter tausend Entwürfen", fuhr Gustav fort,brachte ich die Nacht zu. Frühmorgens nm fünf Uhr wirbelten die Trommeln im alten Schloßhofe, Pferde wieherten, Waffen klirrten, knrz, alles wurde wach; nnr die beiden Damen schienen'fest zn schlafen. Zwar kam es mir vor, als ob die Gar­dine an ihrem Fenster sich ein wenig bewege, aber vergebens blickte ich nach ihr selbst empor. Da schwenkten die Züge ab, und mit gepreßtem Herzen folgte ich nach. Als ich über die Zugbrücke den Berg hinabritt, war mir, als ob die Welt hinter niir läge, und wie wir uuten im Dorfe angekommen waren, drehte ich, fast ohue zu wisseu, mein Pferd links herum uud ritt durch die kleine Schlucht, welche nach dem Pförtchen in der Mauer des Parkes führt. Ich wollte sie. uoch einmal sehen, das war alles, wovon ich mir Rechenschaft geben konnte. Ein un» bestimmtes Gefühl leitete mich. Ich band mein Pferd an und trat in den Garten,"

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