Führt die hcntige demvkvcUische Bewegung zum Linheiisstuctt
Parallelerscheinungen zu Berliner Vorgängen. Auch fehlt es nicht an der Be- tätigung „fremder Elemente" in Süddeutschland. Kein geringerer als der jetzige Münchener Präsident Eisner hat den Weg von Polen über Berlin („Vorwärts!") nach Süddeutschland genommen. Aber gerade fein Beispiel zeigt, daß hier auch die „fremden Elemente" genötigt find, sich einigermaßen anzupassen: er muß sich in die Herrfchaft mit „bürgerlichen" Vertretern teilen. Und auch gegen ihn hat sich in München Opposition erhoben: man wolle keinen „bayerischen Trotzki". Tos Entscheidende ist, daß in Süddeutschland die gewaltigen Heere der indu striellen Arbeiter fehlen. Die süddeutschen Verhältnisse haben einen bescheidene, ren, mehr mittelständischchürgerlichen Zuschnitt.
Als zuerst das Wort, von der großen deutschen Republik laut wurde, klang es, als ob uus die Aussicht ans ein unitarisches.Deutsches Reich winke. Und wer wollte bestreikn, daß eine Verstärkung unserer deutschen Zentralgewalt wünschenswert ist! Während des Krieges hat sich der deutsche Partikularismus in mehrfacher Hinsicht als schädlich erwiesen; es wird darüber später noch man chcs an den Tag kommen. Jene Aussicht weckte nun die Erinnerung an so manche Bestrebungen und Forderungen vergangener deutscher Kämpfe. Die Erinnerung an Treitschkes Ideal des nnitarischen Deutschland wachte auf.
Heilte dagegen stehen wir wieder vor Hindernissen eines Ausbaus der deut- schen. Verfassung in der Richtung'einer deutschen Zentralgewalt. Es hat sich gezeigt, daß der'Partikularisnius keineswegs nur in den Monarchien der Enizel- stnaten seinen Ausdruck findet. Wer näher zuzusehen gewohnt war, wußte allerdings längst, daß die Demokratie in Teutschland, zumal in Süddeutschland, eine ihrer stärksten Wurzeln im Partikularismus hat. Vielfach ist gerade von Par- tikillaristischen Gesichtspunkteu aus und im Namen des Partikularismus die Demokratie gefordert worden. Die Geschichte Süddeutschlands bietet ja dafür ältere und neuere Belege in reichem Maße. Auch darauf sei nebenbei hingewiesen, daß unter der Gunst der gegenwärtigen demokratischen Bewegung die Welsen ein „freies Hannover im freien Deutschlaud" fordern. So sehen wir denn, daß die extrem demokratische Bewegung die Partikularistischen Regungen neu belebt und daß andererseits an bestimmten Stellen aus Abneigung gegen .extrem demokratische Erscheinnngen der Partikularismus sich verstärkt, wie insbesondere eben in Süddeutschland.
Wohin wird uns der Weg der politischen Ereignisse führen? Wir geben die Hoffnung auf den guten Stern unseres Volks nicht ans. Aber ein richtiger Weg kann nur gefunden werden, wenn man die vorhandenen Gefahren erkennt. Alls sie hinzuweifen ist unser Zweck. Es liegt uns völlig scrn, die Wiederherstellung des alten preußischen Landtags zu verlangen. Indessen die Ereignisse fordern gebieterisch die Erkenntnis, daß die Demokratie nicht das Allheilmittel ist, für das man sie ausgibt; sie kann den verschiedensten Zwecken dienen. Kon macht sich anheischig, mit der Demokratie nnd zwar mit der extremsteil alle Schwierigkeiten des Lebens aus dem Wege zu räumen, und es zeigt sich, daß unter dem Zepter der Demokratie alle alten Schwierigkeiten wiederkehren. Der Partikularismus liefert ein bedeutungsvolles, aber keineswegs das einzige Beispiel dafür. Nur von einer kräftigen Erneuerung des nationalen Gedankens kann eine Besserung erwartet werde«.
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