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Daß weiter der Verkehr zwischen Direktor und Provinzialschulkollegium durch die Hand des Schulausschußvorsitzenden geleitet wird, ist eine außerordentlich einschneidende Maßregel — um so mehr, als es diesem sreisteht, Aeußerungen zu den einzelnen Gegenständen abzugeben und die Angelegenheiten im Schulausschuß zur Sprache zu bringen. Hier liegt, nachdem die wichtigsten Gebiete vom „Durchgangsverkehr", wie schon erwähnt, ausgeschlossen sind, eine Gefahr darin, daß der Bürgermeister nicht nur Einblick, sondern auch Mittel und Wege erhält, gewisse angestrebte Maßregeln, die zwar zum besten der Schule, aber scheinbar nicht zu dem der Stadt, etwa des Stadtsäckels sind, zu verhindern. Auch solche Eventualitäten werden in kleineren Städten viel häufiger auftreten, da dort die finanziellen Verhältnisse viel enger sind als in den größeren.
Endlich hat das Provinzialschulkollegium^ über mehr als vierwöchigen Urlaub und Nebenbeschäftigungen der Oberlehrer, soweit sie über vier Wochenstunden hinausgehen, „im Einverständnis mit dem Schulausschuß" zu befinden. Das bedeutet natürlich, daß es nicht imstande ist, etwas zu bewilligen, wenn nicht der Schulausschuß seine Einwilligung gegeben hat. Hier liegt die Gefahr auf der anderen Seite: die Oberlehrer könnten bei dem engen Zusammenhang, den die kleine Stadt gibt, versucht sein, Beziehungen, die sie außer der Schule begonnen haben, für ihre eigenen Wünsche auszunützen. Die rein menschliche Folge gewonnener Freundschaften zu maßgebenden Persönlichkeiten in der Gemeinde würde auch hier zu einer Schädigung reiner Schulinteressen führen können. Allerdings spricht das Provinzialschulkollegium das letzte Wort, indessen wird, wie wir gleich sehen werden, im allgemeinen die Entscheidung in der Stadt doch sozusagen die letztinstanzliche sein. Ein Gutes wird allerdings in der Möglichkeit des Widerspruches der staatlichen Behörde liegen: es ist durchaus möglich, daß nach dem Kriege eine ganze Reihe neuer Schulen — Handelsschulen usw. — gegründet werden. Es liegt dann im Interesse der Gemeinden, diese durch Mehrbelastung von Oberlehrern für sich weniger kostspielig zu gestalten; da würde das Provinzialschulkollegium einen wirksamen Schuy für sie bilden können. Anderseits darf man nicht vergessen, daß nach diesem furchtbaren Kriege gerade die Oberlehrer in weit höherem Maße als sonst auf Nebenverdienst werden angewiesen sein. Unvernünftige städtische Weigerungen, ihnen solchen zu erlauben, würden schwere Schädigungen im Gefolge haben.
Die Folgen der neuen Ordnung lassen sich nach alledem nicht übersehen, Eins aber kann schon heute gesagt werden: Provinzialschulkollegien werden noch mehr ausgeschaltet sein als früher und mehr reine Verwaltungsbehörden werden. Ihnen ist in den genannten Fällen das Bernfnngsrecht entzogen; so werden sie keine Neigung haben, sich mit ihnen zu befassen, namentlich wenn sie annehmen müssen, daß "sie doch nichts ausrichten können. Diese Stellung den Städten gegenüber wird sie zur äußersten Vorsicht auch in anderen Angelegenheiten mahnen.
Ein Weiteres steht in Aussicht: wenn die Neuordnung in den kleinen Städten nicht eine Besserung, sondern eine Verschlechterung der Verhältnisse zwischen den Schulen und den städtischen Beamten bringt, oder wenn der ebenfalls mögliche Fall eintritt, das; die persönlichen Benehnngen Zwischen Lehrerkollegium und städtischen Beamten zum Schaden der «schule ausschlagen, so wird der Staat dazu gedrängt, die in Frage stehenden Schulen zn verstaatlichen. Die Neigung^ in einer allgemeinen Verstaatlichung der höheren Lehranstalten den richtigen Weg zu sehen, ist in weiten Kreisen, auch der Oberlehrer, verbreitet: sie. hat aber auch, abgesehen von der daraus Mgenoen starben Belastung des Staatssäckels, ihre Schattenseiten. Aber wenn an den Stellen, wo nnr durch diese Maßregel gedeihliche Verhältnisse zu erreichen sind, der Staat eingreist, so wird dagegen nichts einzuwenden sein.
Der Minister hat in der Einleitung betont, daß die ,.inneren" Angelegenheiten der Schulen nach wie vor dem Staat und seinen Organen untersteyen, weiter, daß aus der hervorragenden Stellung des Vorsitzenden des Schulausschusses, der ja zugleich der Bürgermeister ist, nicht geschlossen werden darf, daß