Lrnst von Lascmlx
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und den Rechenschaftsbericht der Gesellschaft, der man sich anvertrauen will, zu studieren. Die Mühe, die dies dem Ungeübten vielleicht macht, belohnt sich jederzeit, indem sie ihn vor Ärger und oft auch vor großen pekuniären Nachteilen bewahrt.
(Lrnst von Lasaulx
(Schluß)
ie Frankfurter Nationalversammlung sollte nur dem deutschen Volk eine Verfassung geben, und Lascmlx stimmte gegen jeden Antrag, der ihm eine Kompetenzüberschreitung einzuschließen schien. Diesem beharrlich festgehaltnen Standpunkt entsprachen auch seine eignen Anträge, die meist mit Gelächter und Unwillen aufgenommen wurden und gar keine Unterstützung fanden. So stellte er Gegenanträge gegen den Antrag vom 14. November 1848, daß Preußen aufgefordert werde» solle, das reaktionäre Ministerium Brandenburg-Manteuffel zu entlassen, und gegen den Beschluß vom 16. November, dem nur vier Abgeordnete nicht beigestimmt hatten, die österreichische Regierung wegen der Erschießung Blums zur Rechenschaft zu ziehn. Sehr hübsch liest sich folgender Antrag, den er am 28. März 1849 stellte:
In Erwägung, daß Tollkühnheit nicht Kühnheit ist, indem zu dieser gebügelte Kraft, Herz und Verstand gehören (große Heiterkeit); in Erwägung, daß uach den gemachten Erfahrungen die Nationalversammlung in kühnen Griffen nicht glücklich ist (wiederholte Heiterkeit; Bravo ans der Linken); in Erwägung, daß zur Kaiserwnhl keiner von uns ein Mandat hat; in Erwägung, daß wenn die neu zu begründende Rechtsordnung Bestand haben soll, sie nicht auf Unrecht gegründet werden darf; in Erwägung endlich, daß nach den Gesetzen der Weltordnung der Hochmut stets vor dem Falle kommt (große Heiterkeit): aus diesen Gründen geht die Nationalversammlung über die Anträge des Verfassungsausschusses bezüglich der Kaiserwahl einfach zur Tagesordnung über.
Aus den vom Verfasser mitgeteilten Bruchstücken der Reden, die Lascmlx wl Verfassungsausschusz und im Plenum gehalten hat, stellen wir einige besonders charakteristische Sätze zusammen.
Die Versnssungsgeschichte aller gebildeten Völker zeigt uns, daß, wenn die L"nze FMe der Macht in den Händen einer einzigen Körperschaft ruht, dies notwendig zum Verderben führt. Eine gute Verfassung muß durchaus ein Gleichgewicht verschiedner Kräfte und verschiedncr Staatsgewalten in sich schließen, wenn
Bestand haben soll. Es hat dies seinen Grund in der Natur des menschlichen Herzens. Wer die Macht hat, mißbraucht sie. Diese Wahrheit ist so alt wie °>e menschliche Gesellschaft. Das menschliche Herz ist ein wildes, trotziges und verzagtes Ding; es schwankt zwischen Übermut und Kleinmut, guten nnd bösen -Mllensakten. Eine große Versammlung besteht aus sterblichen Menschen, die den- Mben Leidenschaften unterworfen sind, sie ist demnach vor unbesonnenen Beschlüssen um kein Haar sicherer als ein einzelner Mensch. . . . Wenn ich Wunsches Gewalt und die Magie der Rede hätte, die weltgeschichtlichen Personen eigen ist,
^urde die Anker meines Willens in Ihre Herzen werfen und Sie an Kaiser und Reich festketten. Dafür haben unsre besten Mänuer ihr Leben lang gekämpft,
Grenzboten I 1905 59