Contribution 
Die neuen Handelsverträge
Page
304
Turn right 90°Turn left 90°
  
  
  
  
  
 
Download single image
 

304

Die neuen Handelsverträge

in dem Satze von 4 Mark nachgegeben, und wegen der Unterscheidung hat man sich dahin geeinigt, daß alle Gerste über 65 Kilogramm das Hektoliter als Malzgerste gilt, daß leichtere Ware nur einen bestimmten Zusatz fremdartiger Sämereien enthalten darf und alsFuttergerste" deklariert werden muß, wenn sie den niedrigen Zoll beansprucht; endlich darf die Futtergerste bei Strafe nicht als Malzgerste verwandt werden. Der deutsche Malzzoll ist von 3,60 Mark auf 5,75 Mark erhöht worden. Nach Ansicht österreichischer Mälzer bedeutet das für sie den Verlust des deutschen Marktes (jährlich rund 100000 Tonnen Einfuhr aus Österreich-Ungarn) und eine ernstliche Erschwerung des Absatzes von Malz­gerste. Für Vieh verlangte Österreich-Ungarn die Wiederzulassung der jetzt verhornen Einfuhr von Schweinen und Schafen; sie ist ihm unter Erhöhung des deutschen Zolls und unter der Sicherung der Gesundheit des deutschen Viehstandes durch eine Veterinärkonvention gewährt worden. Auf Holz hat Deutschland den Russen einen Nachlaß von 12 Mark (dem jetzigen Satze) für rohe Ware auf 9 Mark gewährt. Dieser sollte von Haus aus auch den Österreichern zugute kommen. Sie verlangten außerdem eine Verringerung des Unterschieds zwischen rohem und bearbeitetem Holz. Diese ist ihnen aber nur insofern zugcstauden worden, als Deutschland von der beabsichtigten Erhöhung des Schutzzolls für seine Sägemühlen etwas nachgelassen hat. Er wird jedoch höher, als er bisher war. Der Hopfcnzoll ist von 14 Mark auf 20 Mark erhöht worden, der Mehlzoll von 7,30 Mark auf 18,75 Mark.

Das sind die hauptsächlichsten Veränderungen an den deutschen Zöllen im österreichischen Vertrage. Außerdem hat Österreich (ebenso Rumänien) die­selben deutschen Zollermüßigungen zugebilligt erhalten, die im russischen Ver­trage gewährt waren. Für Getreide sind überall die Minimalzölle unsers Vertrags stipuliert: Weizen jetzt 3,50 Mark, im autonomen Tarif 7,50 Mark, ini neuen Vertrag 5,50 Mark; Roggen jetzt 3,50 Mark, im autonomen Tarif 7 Mark, im neuen Vertrag 5 Mark; Hafer jetzt 2,80 Mark, im autonomen Tarif 7 Mark, im neuen Vertrag 5 Mark; Mais jetzt 1,60 Mark, im neuen Tarif 5 Mark, im neuen Vertrag 3 Mark. Für Mais enthielt der neue Tarif übrigens keinen Mindestzoll.

Ohne daß sich Deutschland eine Erhöhung der fremden Zölle auf seine Ausfuhrartikel gefallen ließ, war diese Erhöhung seiner eignen Lebensmittel­zölle nicht zu erlangen. Die Umwandlung mußte also einerseits auf Kosten der Industrie, andrerseits auf Kosten der Konsumenten vor sich gehn. Regierung und Neichstagsmehrheit waren sich klar darüber und glaubten in die Änderung einwilligen zu müssen. Wie nun aber im einzelnen die Opfer der Ausfuhr­industrie ausgefallen sind, das kann kein Mensch nach flüchtigem Blicke beur­teilen. Es kommen viele Hunderte von Zolltarifpositionen in Betracht. Bei einigen wenigen sind Erleichterungen gegen den jetzigen Zustand erreicht worden, wobei vor allem zu erwähnen ist, daß sich Rußland verpflichtet hat, auf den zum Nachteil Deutschlands bisher festgehaltnen Unterschied zwischen Zöllen auf die Einfuhr seewärts und die Einfuhr landwärts zu verzichten. Bisher wurde unser Handel zum Vorteil des englischen und des französischen differenziert durch höhere Zölle für die Einfuhr über Land. Da diese größtenteils aus Deutschland kommt, während England und Frankreich nur den Seeweg be-