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Die Mobilmachung von ^370
Torpedos, Hafensperren usw. Verwendung fand. Die Anwerbungen wurden am 20. August wieder eingestellt. Damals waren an der untern Elbe 158, an der untern Weser 148, an der Jade 38 solcher Leute vorhanden. Ende September hob der Generalgouverneur Vogel von Falckenstein diese Küstenwehr wieder auf.
Fast zugleich mit der ersten Kunde von Verwicklungen zwischen Preußen und Frankreich waren in Österreich Gerüchte aufgetaucht, daß dort Befehl zur Versetzung einer größern Anzahl Batterien auf den Kriegsfuß erteilt sei. Diese damals amtlicherseits in der Mobilmachungspresse geleugneten Maßnahmen sind seitdem dnrch Regimentsgeschichten authentisch festgestellt worden. Ein Reskript vom 5. August hatte auch für die gesamte Kavallerie die Versetzung auf den Kriegsstand, Aufstellung der Ergänzungseskadrons und der Trains befohlen, ebenso wurden beim Fuhrwesenkorps sechsunddreißig Feldcskadrons auf Kriegsfuß gesetzt, Offiziere aus dem Pensionsstand einberufen. Diese der Vollendung nahegeführten Maßnahmen bedeuteten nicht mehr und nicht weniger als die Mobilmachung der Kavallerie, der Artillerie uud des Traius. „Zwar besaß Preußen eine verläßliche Rückendeckung dnrch die Zusage Kaiser Alexanders, im Falle des Heraustretens Österreichs aus der Neutralität eine Armee von 300000 Mann an der Grenze aufzustellen und erforderlichenfalls zur Besetzung von Galizien schreiten zu wollen, um die österreichischen Streitkräfte zu paralysieren. Immerhin aber war der Stand der österreichischen Rüstungen ein derartiger, daß wenigstens demonstrative Vorkehrungen notwendig erschienen." Dnrch Kabinettsorder vom 22. August wurde die Aufstellung zweier mobiler Reservekorps bei Berlin und bei Glogau angeordnet, jedes aus sechs Lnndwehr- infanterieregimentern, je einem Reserve-Ulanenregimenr und zwei Reservcbattericn bestehend, also für ciue ernste Verwendung gegen Österreich nur wenig geeignet. Noon hatte denn auch an das Kriegsministerium telegraphiert, „die Versammlung ist vornehmlich aus politischen Rücksichten erfolgt. Es erscheint angezeigt, sie durch die Presse besprechen zu lassen." Ende September wurden diese Truppen nach dem Elsaß gezogen und wirkten dann als vierte Nescrvcdivision bei der Belagerung von Belfort mit. Die schlesischen Festungen waren schon nnterm 22. Juli angewiesen worden, Vorbereitungen für eine etwa notwendig werdende Armierung zu treffen.
Weiter sind der Eisenbahnaufmarsch, die Bildung von neuen höher» Truppenverbänden eingehend behandelt. Nicht minder interessant für den Militär sind die sehr eingehenden Mitteilungen über die Verwendnng der Überzähligen bei den Ersatz- und Besatzungstruppen, bei denen, wenigstens bei der Infanterie, anfänglich große Schwierigkeiten wegen der Bewaffnung, der Ausrüstung und der Bekleidung bestanden. Einen ernstern Charakter erhielten diese Schwierigkeiten in den östlichen Bezirken. Es hatten sich namentlich bei dem zweiten Armeekorps (Pommern) überaus zahlreiche Freiwillige gemeldet. Durch Kabinettsorder vom 6. August war sodann die Einziehung sämtlicher dienstpflichtiger Mannschaften aus den Bezirken der sechsten, der neunzehnten und der zwanzigsten Jnfanteriebrigade sowie des Landwehrregiments Nr. 5 angeordnet worden. Es lag dieser Maßregel ein Bericht des Oberpräsidenten