Die FculschntI,.' in der anliken Amistgcschichw w.ihicud des lctzttn, Jahr^'hnts. 5,49
dann diesen Gedanken weiter ausgeführt. Er erkennt in der That in den Mct- vpen der Westseite, in den Giebelskulptureu der Ostseite und in der Nike die Hand desselben Meisters; er findet, trotz des nicht verkennbaren Fortschrittes, welchen der Künstler in der zwischen den Giebelgruppen und der Nike liegenden Zeit gemacht, gewisse stilistische Eigentümlichkeiten in beiden Werke» wieder und führt all die Mängel, welche wir oben an den Skulpturen der Giebel hervorhoben, auf die Eigentümlichkeiten dieses wesentlich malerisch kompvnirendcn und überall die durch Bcmalung gehobene Distanzwirkung iu Betracht ziehenden Knnststilcs zurück. Bei der unleugbaren Verwandtschaft aber, welche die Skulpturen des Westgiebcls mit denen des Ostgiebels cmfweisen, ist Brnnn von selbst dazn genötigt, diesen nvrdgriechischen Stil auch im Westgiebcl wiederzufinden; und er thut das, indem er darauf fußt, daß Alkamcnes nach einigen Nachrichten aus Lemnvs stammte, wenn er auch Athener von Abkunft war; noch jung, aber doch schon als vollständiger Künstler, sei er von seiner nordgriechischen Heimat mit Paionios nach Olympia gegangen und habe dort etwa zwischen 440 —436 die Skulpturen des Westgiebels gefertigt; aü eine frühere Zeit dürfe man nicht wohl denken, da er nachweislich noch 402 v. Chr. am Leben und thätig war. Die Metopen der Ostscite endlich aber bleiben, im Gegensatz zu allen andern Werken am Tempel, ein Produkt einheimischer, pelopvnnesischer Kuustübnng.
Selbst wenn wir die stilistischen Eigentümlichkeiten von Knnstwerleu eben so sicher erkennen »nd beurteilen könnten, wie die von Schriftwerken oder wie dialektische Besonderheiten an Inschriften, würde BrunnS Hhpvthese ans lebhafte Bedenken stoßen. Um wie viel mehr, da der Irrtum in stilistischen Fragen bei Kunstwerken bei weitem leichter möglich ist, als bei Literaturdenkmälern. Den besten Beweis hierfür liefert Brunn selbst: ein weiblicher Torso, welcher bei Beginn der Ausgrabungen als nicht zu den Giebelgrnppen gehörig betrachtet und Hestia genannt wurde, wird von Brunn als Werk pcloponnesischer Kunst bezeichnet; ja er stellt die „Gleichnng" ans: die Hesperide der Atlasmetope verhalte sich zn diesem Torso wie die Nymphe der Stymphalosmetvpe zu dem kniecnden Stallknecht des Ostgicbels. Nnn haben aber die Ausgrabungen in ihrem Verlauf »nwiderleglich dargethan, daß jene sogenannte Hestia iu der That auch zum Ostgiebel gehört uud Hippvdameia vorstellt, und diese eine Thatsache wirft natürlich die ganze Gleichung über den Hnnfen.
Gegenüber der Brunnschen Anffassnng, wonach alle die oben geschilderten Eigentümlichkeiten der olympischen Giebelsknlpturen als charakteristisch für einen bestimmten Stil zu fassen wären, hat die Mehrzahl derjenigen, die ihre Mcinnng darüber abgegeben, sich dahin entschieden, daß man viel eher die Abwesenheit eines bestimmten Stiles zu erkennen habe. Vor allen Dingen ist hingewiesen worden ans die bereits betonte starte Differenz zwischen der Komposition der Gruppen und ihrer Ausführung, uud im Hinblick hierauf ist die gleich zu Anfang laut gewordene Ansicht heute wohl am verbreitetsteu, daß die beiden von