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Zur Verwaltungsreform in Preußen.
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Zur Verwaltungsreform in Preußen.

entschieden die Tendenz vor,den letzteren mich nur als einen Ausfluß staat­lichen Auftrages an die Gemeinden hinzustellen," oder, wenn das zu viel gesagt sein sollte, ihn doch wenigstens als etwas Nebensächliches, Untergeordnetes zu behandeln. Darum ist es ein echt staatsmännischer Gedanke, den Gemeinde» innerhalb des Staates diejenige Stellung wiederzugeben, welche ihnen von Rechts­wegen und nicht nur um ihrer selbst willen, sondern zum eignen Besten des Staates gebührt. Alles Gemeindeleben ist ein Mikrokosmos des Stcmtslcbens, und wer ein braver Bürger seiner Gemeinde ist, wird sicherlich auch ein guter Staatsbürger sein. Je reicher und kräftiger mithin das öffentliche Leben inner­halb der Kommunen emporblüht, um so gesundere uud gedeihlichere Anschau­ungen müssen sich auch in Bezug auf das Stnatsleben entfalten, namentlich, wenn es gelingt, zwischen Staat und Ortsgemcinden in sachgemäßer Abstufung größere und kleinere, wahrhaft lebensfähige Kommnnalverbände als Zwischen­glieder zur Ausfüllung der großen Lücke cinzuschieben. Von der Maßregel, den Kvmmunalverbänden die Verwaltung ihrer Interessen selbst zu überlassen, ihnen volle Autonomie zu gewähre», darf man sich deshalb auch durch die krank­haften Erscheinungen in der Gegenwart nicht abschrecken lassen. Das Zerrbild der Selbstverwaltung besonders in den kleineren Städten ist freilich oft widerlich genug. Fast überall herrscht hier leider die banalste liberale Phrase in ihrer sür die Gedankenlosigkeit unwiderstehlichen Zauberkraft mit despotischer Gewalt. Die kleinste Stadt wird nachliberalen" Grundsätzen verwaltet, die städtischen Wahlen enden mit einem glänzenden Siege derliberalen" Partei, der Magistrat spielt konstitutionelle Regierung, die Stadtverordnetenversanimlnng Parlament; und während so jede Kleinigkeit hübsch zur großen Haupt- und Staatsaktivn aufgebauscht wird, gehen über dieser ganzenliberalen" Mißwirtschaft die wahren Interessen der Kommune natürlich sang- und klanglos zu Grunde. Wenn dann die rasch zu schwindelnder Höhe gestiegenen Kvmmunalsteuern schier unerschwing­lich geworden sind, trägt selbstverständlich wiederum nicht etwa die eigne Wirt­schaft, sondern nur der Staat mit seiner verkehrten, Handel und Wandel lahm legenden Wirtschaftspolitik, die früher oder später zum völligen Ruin der Nation führen muß, die Schuld an allen diesen Zuständen. Dergleichen Erscheinungen sind die Folgen der bisherigen Verkümmerung des Gemeindelebens. Das einzige Heilmittel, um einer völligen Verkrüppelung vorzubeugen, ist und bleibt die Rück­kehr zur vollen Autonomie der Gemeinden, so schlimme Früchte auch die Selbst­verwaltung in der Übergangszeit zeitigen mag, bis der jetzige böse Geist gebannt ist. Allerdings mnß sich der Staat hierbei ein Anfsichtsrecht vorbehalten. Denn da er selbst nicht bestehen kann, wenn nicht alle seine untergeordneten Organe diejenigen Ansprüche zu erfüllen vermögen, welche er im staatlichen In­teresse an sie stellen muß, so hat er vor sich selbst die Verpflichtung, darüber zu wachen, daß die Leistungsfähigkeit der Kommunen für die Staatszwecke wohl­verstanden für alle Staatszwecke ungeschmälert erhalten bleibe. Eine weiter-