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Zur Verwaltungsreform in Preußen.
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Zur verivaltuugsrefon» in pieußen.

dem üppigen Wuchern einer reichen, bis in das kleinste Detciil individuell aus­gestalteten Ornamentik, oft nur allzu unbekümmert nm die harmonische Einheit des Ganzen, seine besondere Freude findet.

Indessen diese ständischen Rechte bildeten nicht den Hnnptangriffspnnkt des Liberalismus, denn im Grnnde handelte es sich doch nnr um Singularitäten der historischen Neminiseenz. Sehr viel wichtiger erschien wenigstens denjeuigcu Liberalen, welche weniger ideologische, als praktische Politik trieben,das Be­dürfnis einer Sicherstelln««; des öffentlichen Rechts nnter wechselnden Minister- verwaltnngen." Daß, um auch weiterhin Gneistsche Ausdrücke zn gebrauchen, die streitige Auslegung der wichtigsten Fragen der Verfassung und des Ge­meindelebens in letzter Instanz lediglich von der persönlichen Meinnng eines Ministers abhängen sollte," wollte dem Liberalismus natürlich nm keinen Preis in den Sinn, Denn nach seiner allerdings willkürlichen, aus dem System des Konstitntionalismus in keiner Weise herzuleitenden, den klaren Bestimmungen der preußischen Verfassung jedenfalls diametral entgegenstehenden Grnndan- schannng von dein Wesen konstitutioneller Staatsregieruug stellt er sich diese als ein Parteiregiment der jeweiligen Kammermajorität vor, das so ipso ebenso wechseln müsse wie diese selbst,Der Unfug einer Parteiverwaltuug hat aber seinen Schwerpunkt gerade in der parteiischen Maßbestimmnng bei Erteilung oder Persagung der zahlreichen Gewerbekouzessioueu, der obrigkeitlichen Konsense, in parteimäßiger Handhabung derOrduungsvolizei, parteiischer Steuerciuschätzung, in parteimäßiger Kirchen- und Schulverwaltnng," Daß jeder, der von solchen Voraussetzungen ausgeht, mit allen Kräften bestrebt sei» muß, möglichst viele Bürgschaften gegen diese Mißbräuche zu schaffen, liegt ohne weiteres ans der Hand, Freilich waren die wirklichen Zustände vvu dem Ideale parlamentarischer MajvritätSregieruug noch recht weit entfernt. Indessen man hatte angeblich ernste Erfahrungen" gemacht, und gerade mit je geringerer Wahrscheinlichkeit die liberale Partei darauf rechne» konnte, in absehbarer Zuknnft ihrerseits zur Negierung zu gelaugeu, desto unerträglicher mußte ihr bei der abergläubischen Gespeusterfurcht vor reaktionärer Willlürherrschaft, welche sie von jeher ausge­zeichnet hat, der Gedanke daran sein, daß jegliche Rechtskontrolle der Verwal­tung fehle.

Der konservative Staudpunkt zu dieser ganzen Frage war von selbst ge­geben. Zuvorderst war klar, daß eine Verwaltung ohne den Spielraum dis­kret! ouäreu Ermessens ganz ebenso undenkbar ist, wie das berühmte Lichten- bergsche Messer ohne Klinge, dem der Stil fehlt. Vor allen Dingen aber konnte man ans dieser Seite niemals vergessen, daß die Minister in Preußen aus der freien, unbeschränkte» Wahl der Ztrone hervorgehen, mithin nicht Vertrauens­männer des Parlaments, sondern lediglich Diener des Königs sind. Daraus folgt die Hinfälligkeit der liberalen Prämisse». Die Staatsregieruug als solche steht eben für die konservative Anschauung stets über den Parteien. Wenn nun