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Zur Verwaltungsreform in Preußen.
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L30 Zur Verwaltungsreform in Preußen.

manche ueuc Aufgabe ihrer Lösung, speziell für Preußen eine solche vou emi­nenter Wichtigkeit: die Reform der innern Verwaltung. Zwar ist auch hier die Hand angelegt, ein gutes Stück Arbeit bereits gethan; indessen noch fehlt viel, daß die Sache zum Abschluß gedieheu wäre. Gerade im gegeuwcirtigeu Moment aber, wo die einschlägigen Fragen nach der Ankündigung der Thron­rede bald wieder unsere parlamentarischen Körperschaften beschäftigen werde», dürften einige Betrachtungen über dies Thema auch in weiteren Kreisen wohl Interesse erregen. Je mehr die Probleme öffentlich distutirt werden, desto mehr klären sich ja die Ansichten.

Zielbewußte Rcformbestrebnngcu sind nicht denkbar ohne klare Einsicht in die Mängel des bestehenden Zustandes. Wer also über die schwebenden Fragen eiu selbständiges Urteil gewinnen will, muß sich zuerst die Frage vorlegen: Worin besteht oder bestand das Reformbedürftig? Eine Antwort auf diese Frage ist leicht gegeben. Den äußern Ausgangspunkt für die ganze Bewegung bildet un­verkennbar die Annexiou des Jahres 1866. Es galt damals die neu erworbenen Landesteile den alten Provinzen zn assimiliren, sie als organische Bestandteile dem festen Gefügc des preußischen Staatswesens einzuverleiben. Dazu gehörte selbstverständlich die Durchdringung aller Teile der Monarchie mit dem einheit­lichen Staatsgedanken auch auf dem Gebiete der innern Verwaltung. Letztere war aber selbst in den alten Provinzen nicht völlig übereinstimmend vrganisirt. Eine einfache Übertragung altpreußischer Einrichtuugen verbot sich, auch abgesehen hiervon, schon aus staatSmiinnischen Rücksichteil. Mau sand zum Teil alte historische Traditionen vor, die man nicht ignoriren konnte; man trat Ver­hältnissen gegenüber, auf welche die altpreußischen Einrichtungen nicht ohne weiteres zugeschnitten waren. Zudem ist jede, selbst die vollkommenste mensch­liche Institution der Verbesserung fähig. Man konnte mithin keine der in einem Laudesteile etwa bestehenden Organisationen auf die andern Teile übertragen, ohne gleichzeitig die Nnvollkvmmenheiten derselben auszuscheiden. Schon diese Sachlage allein hätte einen mächtigen Anstoß für die Einlcitnng einer allgemeinen Reform abgeben müssen, selbst wenn das innerliche Bedürfnis an sich nicht so dringend gewesen wäre, wie es in der That war.

Indessen man braucht nur au die zu Anfang von uus vorausgeschickten Sätze zu deukeu, um es ohne weiteres begreiflich zu finden, daß es auch an innern Gründen für die Notwendigkeit einer Reform nicht fehlen konnte. Die mit schnell wachsender Progression zunehmende Intensität des Verkehrslebens stellte mit jedem Tage erhöhte Ansprüche an die administrative Thätigkeit, welche beiläufig für die letzte Zentralinstanz, das Ministerium des Innern, durch den Gebietszuwachs noch außerdem gestiegen war. Bloß dnrch eine der gesteigerten Arbeitslast der einzelnen Behörden entsprechende Vermehrnng ihres Beamten- Personals war Abhilfe nicht zn schaffen. Denn dieses Auskunftsmittel versagt den Dienst, sobald die Zahl der zu einer Behörde zusammengehäuften Beamten