Verbotene Bücher.
Aus den cLensurakten der Leipziger Bücherkommission. Mitgeteilt von G. Wust mann.
cwöhnlich sagt man, daß die Hauptursache, weshalb der deutsche Buchhandel im Laufe des siebzehnten Jahrhunderts vvn der Frankfurter Messe sich mehr und mehr hinweggewandt und seinen Schwerpunkt nach der Leipziger Messe verlegt habe, in den Belästigungen und Verfolgungen zu suchen sei, denen der Buchhandel des protestantischen Nordens von feiten der katholischen Kaiserlichen Bücherkommissivn in Frankfurt ausgesetzt gewesen sei. Diese Ansicht trifft auch gewiß das Richtige. Dennoch hat es Zeiten gegeben, namentlich Zeiten theologischer Kämpfe, wo auch in Leipzig der Buchhandel nicht auf Rosen gebettet war. Man braucht nicht zurückzugehen bis zur Neformationszeit, wo Herzog Georg von Sachsen, der erbitterte Gegner Luthers, jahrzehntelang, von der Leipziger Disputation an bis zu seiuem Tode (1339), die Verbreitung rcformntorischcr Schriften hartnäckig bekämpfte und wo der in der Geschichte des deutschen Buchhandels einzig dastehende Fall sich ereignete, daß ein umherziehender Buchhändler von Nürnberg, Haus Herrgott, der im Herzogtum Sachsen beim Vertrieb einer sozialistischen Flugschrift betroffen worden war, in Leipzig mit dem Schwerte hingerichtet wurde (Mai 1627); auch uicht bis iu die Zeit der enlviuistischcn Fehden, wo der wackere, ealvinistisch gesinnte Leipziger Buchhändler Ernst Vögelin, um den Nachstellungen des orthodox-lutherischen Kurfürsten Augnst zu entgehen, seine Druckerei, seine Buchhandlung und seine Familie im Stiche ließ und sich nach Heidelberg flüchtete, worauf der Kurfürst seine Druckerei mit Beschlag belegte und den ihm ergebenen Leipziger Bürgermeister Hieronymns Rauscher als Verwalter hineinsetzte. Auch iu ciuer Zeit, wo der Übergang des buchhündle- rische» Hauptgeschäfts vvn Frankfurt nach Leipzig bereits eine vollendete Thatsache war, während der pietistischen Bewegung und der „Thomasischen Händel" am Ende des siebzehnten und Ansang des achtzehnten Jahrhunderts, und später wieder im Zeitalter der Aufklärung entfaltete die Leipziger Censurbehörde, wetteifernd mit dem Obcrkonsistorium in Dresden, eine außerordentliche Geschäftigkeit, Wachsamkeit und Strenge.
Wie in andern Universitätsstädten, lag auch in Leipzig schon seit dem Ende des fünfzehnten Jahrhunderts das Censurrecht in den Händen der Universität. Nach einem Erlaß des Kurfürsten August vom Jahre 1560 sollten die Dekane der einzelnen Fakultäten an allen in Leipzig zu druckenden Büchern, mit Ausnahme poetischer Werke, Censur üben. Ein Reskript des Kurfürsten Johann