Das Scheitern des englisch-französischen Handelsvertrags.
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noch das andre zu erreichen war, so zog man es vor, lieber gar keinen Zvll- und Handelsvertrag mit Frankreich zu haben als sich mit seiner Unterschrift in einen schutzzöllnerischen Tarif zu fügen. Leicht wird es den Herren gewiß nicht geworden sein, und wie komische Scheinheiligkeit hört sichs an, wenn englische Jonrnale sich vernehmen lassen: „Wir treten nicht in übler Laune zurück, sondern mit der heitern Zuversicht, daß das Recht auf unsrer Seite ist, und daß der schließliche Zusammenbrnch der Erörterung, wenn er stattfindet, das immer noch in weiten Kreisen getäuschte französische Volk überzeugen wird, das; unser Handel (hier denkt man auch an den Fuchs vor den Trauben) nur wenig von ihren Zugeständnissen abhängt." Die Wirkuug wird noch komischer, wenn man weiter liest: „Wahrscheinlich werden die politischen Folgen des voraussichtlichen Scheiterns der Unterhaudluugeu in Frankreich größer sein als in England. Gladstonc, bekanntlich dem Freihandel und dem internationalen Frieden zugethan, wird durch die Haltung seiner Beauftragten eher gewinnen als verlieren. Man wird sehen, daß er fest zu sein weiß, und daß er entschlösset? ist, selbst um der ontsntö eorämls willeu, die er wie sein alter Führer Lord Aberdeen im Auge hat, keine weiteren Konzessionen zu mache». Es ist weuig Aussicht, daß nuser Minister Tadel erfahren wird wegen eines Mißerfolgs, den kein vernünftiges Zugestäud- niß von seiner Seite abwenden konnte. In Frankreich wird die vielfach uneinige Opposition vermutlich uicht so zurückhaltend sein. Viele Schattiruugcu des dortigen Journalismus vom reinsten Weiß der Legitimität bis zum feurigsten Not werden mit Entzücken dies wieder als ein Mißgeschick Gambettas charak- terisircn, und es wird sicher verdrießlich sein, zu sehen, daß Negotiationen, welche in Erwartung seiner Ernennung zum Premier ins Stocken geraten waren, sofort, nachdem er die Zügel ergriffen, scheitern. (Verdrießlich für die Engländer gewiß, aber für die große Mehrzahl der Franzosen? Eine sehr naive Logik, die das stillschweigend vorcmssetzt.) Der französische Handel uud die französische Spekulation sind sehr feinfühlig, und die Furcht vor einem Tarifkriege wird ohne Zweifel sich geltend machen. Denn die beiden Nationen werden ihre Freiheit wieder erlangen und sich auf den fiskalischen Standpunkt stellen, den sie einnahmen, als Cvbden seine erste Zusammenkunft mit Napoleon hatte."
Diese Furcht mag iu Frnukreich hier und da laut werden. Viel Grund aber hat sie nicht. England wird uicht zu dem Tarif von 1859 zurückkehren. Als Gladstoue 1860 mit wenige» Ausnahmen alle Einfuhrzölle aufhob, sagte er: „Alle solche Waare» werde» summarisch, gänzlich, unbedingt vom britischen Tarife hinweggefegt werden," und diese Auskehr war eine cndgiltige, sodaß keinerlei Retaliationsbedürfnisse die beseitigten Zölle zurückführen werden. Daliegen wird England in Betreff der 1860 im Einklang mit dem Cvbdcuschen Vertrag bewirkten Veräudcrnng i» seine» Weinzöllen frei, und mau könnte dieselben modifiziren, ohne sie zn erhöhen. England setzte 1860 nicht nur seine Weinzölle herab, sondern nahm eine Skala mit Rücksicht ans den Alkoholgehalt