Aus Geheimberichten an den Grafen Hertling
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ist. Es kann keine Frage sein, daß auch in der organisierten Arbeiterschaft diejenige Richtung früher oder später doch die Oberhand bekommen wird, die ihre ganze gewerkschaftliche Organisationsarbeit in bewußter Weise einstellt auf die Linie der nationalen, der sozialen und der christlichen Gesinnung. Es wird noch harte Kämpfe geben, ehe dieser Grundcharakter der Zeit sich im gewerkschaftlichen Leben durchgesetzt haben wird. Aber die Eierschalen des überlebten Marxistischen Geistes werden doch abgestoßen werden müssen, wenn die organisierte Arbeiterschaft der gesunde Träger des politischen und des wirtschaftlichen Lebens im neuen Deutschland werden will.
Aus Geheimberichten an den Grafen Hertling
(M5—
von Franz von Stockhammern, Ministerialdirektor im Reichsfinanzministerium
VII.
Luzern, den 19. September 1916.
Ich fahre heute zu meinem vatikanischen Gewährsmann, um ihn vertraulich über die Anhaltspunkte zu befragen, die er für die von ihm bei meinem letzten Besuch geäußerte Anschauung hat, daß wir mit Rußland etwas machen könnten. Es schwirren in dieser Hinsicht derzeit verschiedene Gerüchte durch die Schweiz, wobei nur zu wünschen ist, daß wir nicht wieder als derjenige dastehen, der mit dem Hut in der Hand wartet, ob ihn nicht ein Wagen mitnimmt. Sollten sich wirkliche greifbare Anmüpfungspunkte ergeben, so ist unser erstes und stärkstes Interesse, das zum Ausdruck kommt, daß die Russen uns aufgesucht haben.
Ich habe in Zürich, wohin ich zu diesem Zweck eigens fuhr, Herrn Adolf Müller aus München gesehen, dessen ruhige und besonnene Art ihn denn auch in besonderem Maße geeignet erscheinen läßt, mit maßgebenden Neutralen zu verhandeln. Ich fand ihn diesmal sehr ernst gestimmt, woraus zu schließen gestattet ist, daß sein Schweizer Gewährsmann, der Deutschland aufrichtig freundlich gesinnt ist, unsere Lage mit Sorge betrachtet. Davon, daß Rußland zu haben wäre, ist diesem Herrn etwas Greifbares nicht bekannt. Rücksichtlich Frankreichs hat auch Herr Müller, der sich lange Zeit etwas von diesem Lande erwartete, derzeit jede Hoffnung aufgegeben. So müssen sich, aller Enttäuschungen ungeachtet, die Augen derer, die nach Frieden ausschauen, immer wieder nach Rußland richten, wobei wir, sollen wir nicht für Osterreich zum Schluß verbluten, irgend jemand zum Begleichen der Zeche heranziehen müssen.
Zürich, den 15. Oktober 1916.
Ich erlaube mir den Abdruck meines Berichtes an----beizulegen mit
der nur für Euer Exzellenz bestimmten vertraulichen. Bemerkung, daß Graf L., der den Frieden aufrichtig wünscht, sehr unter dem ungünstigen Eindruck der