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Vereinswesen und nationale Selbsthilfe
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Vereinswesen und nationale Selbsthilfe

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und berufsständischen Organisationen wirkten, geschaffen haben, ist sehr viel. Es entstand dank ihrer unermüdlichen Arbeit ein Mittelstand, der die Vorbedingung zur weiteren Entwicklung des polnischen Staatsgedankens war; weil er früher gefehlt hatte, war ja das alte polnische Reich am Ende des achtzehnten Jahr­hunderts auseinandergefallen.

Von diesem Gesichtspunkte aus mus; sich die gesamte deutsche Öffentlichkeit zur Frage des Vereinslebens neu einstellen. Die alten Vereine genügen nicht, wir müssen ihre Ziele und Arbeitsweisen ändern; Gruppen, über die ernsthafte Politiker früher mit einem Achselzucken hinweggingen, gewinnen neue Bedeutung, ja unter Umständen wird bei ihnen der Schwerpunkt der Arbeit liegen müssen. In Zeiteu scharfer Verfolgung werden nicht nur die politischen, sondern auch die kulturellen Vereine trotz aller Minderheitsschutzbestimmungen des Versailler Vertrages unterdrückt werden. Dann sind es neben den berufsständischen und wirtschaftlichen Organisationen die sportlichen und die geselligen, ja bisweilen auch solche mit rein sentimentaler Basis, wie Vereine zur Pflege von Krieger­gräbern, denen die Pflicht obliegt, die Deutschen zusammenzuhalten und ihre Erinnerungen an das gesamte Volk und die große Kultnrgemeinschaft zu Pflegen. Je größer die Zahl der Deutschen ist, die an einem Ort und in einer Gegend wohnen, um so vielgestaltiger wird ihr Vereinslcben sein. Normen gibt es nicht, und was Bestand haben soll, muß aus dem Bedürfnis des Ortes selbst entstehen. Keilte künstlichen Treibhausgewächse gilt es hochzuziehen, sondern harte, kräftige, bodenständige Triebe mit liebevoller Sorgfalt au Ort und Stelle zu Pflegen und vom Reiche her zu befruchten und zu veredeln.

Die bindende Kraft des Vereinslebens kann gar nicht überschätzt werden. Waren es doch, als nach dem 9. November IN8 das schwer erschütterte Reich zeitweilig auseinanderzufälleu drohte, in erster Linie die großen Parteien (man darf auch sie im gewissen Sinne als Vereinsorganisationen ansprechen), die als feste Klammern das Reich selbst zusammenhielten. So müssen heute die großen herein« und Verbände, soweit es irgend die Gesetze der Nachbarstaaten zulassen, über die Landesgrenze herüberreichen und eiserne, aber unsichtbare Bänder bilden. Es darf in Zukunft auf keinem Gebiete mehr, weder auf kulturellem und sport- uchem, noch möglichst auch auf wirtschaftlich-genossenschaftlichem,Neichs"verbände Heben, sondern nnr noch Deutsche. Gilt es doch, das überwiegend staatliche Gefühl im Deutschen, besonders im Reichsdeutschen, zu überwinden zugunsten eines Gefühles für die Gesamtheit des Volkes, für das völkische. Schon vor ^u; Zusammenbruch reichten manche Organisationen über das Reich hinaus: der Deutschösterreichische Alpenverein, der Allgemeine deutsche Sprachverein, der verein deutscher Studenten und andere mehr. Seither haben sich zum Beispiel die großen schlagenden Studentenverbände auf Deutschösterreich ausgedehut. Äber das ist nicht genug. Es muß gefordert werden, daß sie alle ihre Grenzen höchstens dort finden, wo das geschlossene Sprachgebiet endet, wenn irgend Abglich aber über dieses hinaus auch Verbindung halten mit den Brüdern in »er Zerstreuung. Berufliche und wirtschaftliche, wissenschaftliche und gesellige, Mürrische und sportliche Verbände müssen und können am leichtesten die Schwierigkeiten der Grenzpfähle überwinden.