Mitteilungen
her DemMen »ollmte Polens mi> Westpreusenz
Verantwortlich: Carl Georg Bruns
Nr. 22
Schriftleitung: Bromberg, Weltzienplatz 1"l
Fernruf Nr. 321
20. August 1919
Inhalt: Materialien zur ostdeutschen Frage: Die Aufgaben des Deutschen Voltsrales.
Die deutsche Partei in Polen — Aus den deutschen Volksräten — Pressestimmen: Polnische Presse — Kleine Mitteilungen.
Materialien zur ostdeutschen Frage
Die Aufgaben des Deutschen Volksrates
(Aus dem „Nachrichtenblatt des Deutschen Volksrats Poscus" Nr. >o vom 9. Juli)
In dem Leben jedes einzelnen von uns wie in dem der deutschen Volksgemeinschaft in Gestalt unserer Provinz hat der Friedensschluß Änderungen hervorgerufen, wie sie einschneidender nicht sein können. Sie verschieben die Grundlagen unseres Daseins so vollkommen, wie etwa Naturereignisse von elementarer Gewalt; und wie die Menschen die Wirkung eines solchen in der ersten Betäubung nicht klar übersehen, so können wir uns auch heute noch keine deutliche Vorstellung machen davon, wie sich unser persönliches und staatliches Leben in Zukunft gestallen wird, wenn wir auch die Dinge seit Monaten sich haben entwickeln sehen.
Trotzdem ist es notwendig, der Zukunft mit möglichster Klarheit entgegenzusehen. Jeder einzelne und die Gesamtheit der Deutschen musz versuchen, schon jetzt der Schwierigkeilen, welche die neuen Verhältnisse mit sich bringen, Herr zu werden, die innerlichen und äußerlichen Reibungen und Konflikte zu überwinden, die keinem erspart bleiben, der gezwungen ist, sich einer neuen Ordnung der Dinge anzupassen. Nicht einfach ist unter diesen Verhältnissen die Stellung des Deutschen Volksrates, der sich naturgemäß zur einzigen Instanz entwickelt hat, welche die deutsche Volksgemeinschaft in Stadt und Provinz vertritt. Es ist klar, daß auch der Volksrat in gewissem Sinne sich neu orientieren muß. Durste er bisher mit Recht sich als Vertreter der deutschen Reichsangehörigen in den von Polen besetzten Preußischen Gebieisteilen fühlen, so ist er in Zukunft die Vertretung polnischer Staatsangehöriger deutscher Nationalität und der übrigen Deutschen, die auf dem Posencr Gebiet des souveränen polnischen Staates leben. Welche Konsequenzen sich hieraus ergeben, ist klar ausgesprochen in dem Aufruf, den der Deutsche Vvltsrat vor kurzem an seine deutschen Mitbürger gerichtet hat. Der Volksrat muß also seine Tätigkeit aufbauen auf dem Boden der neuen staatlichen Verhältnisse unter strengster und rückhallsloser Beobachtung der Verfassung und der Gesetze des Landes, er muß die durch den Friedensschluß geschaffene Ordnung der Dinge anerkennen. Es kann keine Rede davon sein, wie es in einem Artikel des „Dziennik Poznanski" vom 8. Juli augedeutet ist, „au die Vorbereitung einer Jrredenta in Polen" zu denken. Wir haben das dringende Bedürfnis nach fünf Jahren aller Leiden des Krieges, der Unruhe und Aufregungen, der Zerrüttung und des Niederganges unserer Wirtschaft, endlich zu geordneten friedlichen Verhältnissen zurückzukehren; und wir wissen aus
Mitteilungen 22