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Zu den geplanten Reichssteuern auf das Einkommen. II.
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Zu den geplanten Rcichssteucrn auf das Einkommen

Zustand. (Selbst bei minderwertigem würde ein Verkauf in Jahren nicht in Frage kommen wegen der hohen Preise für Neuanschaffungen.) Da ein Anschaffungs­oder Erzeugungspreis sich nicht ermitteln läßt, ist der gemeine Wert einzusetzen. Dieser betrug für die Kuh zu Beginn dieses Jahres 3000. für das Pferd 5000 Mark, heute beträgt er 5000 und 10 000 Mark I Der Landwirt hätte also zu versteuern 8000 Mark Einkommen, 2000 und 5000 Mark als Wertzuwachs für Kuh und Pferd, und ferner noch 2000 Mark gemeiner Wert der von ihm in seiner Wirt­schaft verbrauchteu Naturalien. Macht eine Einkommensteuer von 1660 Mark! Also mehr als die Hälfte seiner Einnahmen, ohne die er aber im nächsten Jahr nicht wirtschaften kann l Denn er muß Samen, Dünger, Reparaturen, Arbeitslohn bar bezahlen! Dazu kommt, daß er bei einem Wert seiner Wirtschaft von nur 50 000 Mark dieser Wert ist zur Hälfte durch die Kriegsvaluta entstanden 2500 Mark Kriegsabgabe und 4200 Mark Notopfer zu zahlen hat, die er, wenn er nur Ratenweise abzahlt, mit fünf Prozent verzinsen muß. Seine Steuerlast beträgt also über 2000 Mark! Die Folge: der Güterschlächter macht sein Geschäft. Zahllose kleine Landwirtschaften werden an einer solchen Steuer zugrunde gehen.

Schon bei der früheren Hineinziehung des Betriebskapitals in die Ein­kommensteuer ergaben sich Schwierigkeiten, obwohl damals die Einsetzung des gemeinen Wertes, also des Handelswertes, gesetzlich nicht gefordert war. Darum wurde schon früher mehrfach aus landwirtschaftlichen Kreisen der Antrag gestellt, die Legung einer ordnungsmäßigen landwirtschaftlichen Bilanz zu gestatten. Dieser Antrag, der übrigens Bedeutung nur sür den Großbetrieb hat, wurde bisher stets abgelehnt. Auch die Begründung des Entwurfs lehnt ihn von vornherein ab. Der Gewerbetreibende dagegen, der nach dem Handelsgesetzbuch Handelsbücher führen muß, legt auch der Steuerberechnung seine Bilanz zu­grunde.

Überhaupt ist der Entwurf bestrebt, überall auf den gemeinen Wert zurück­zugreifen, dem Ertragswert oder Gebrauchswert ist nirgend Raum gewährt. Und das trotz der Schwierigkeiten und Ungerechtigkeiten, die sich bei der Ermittlung des gemeinen Wertes in der Praxis der bisherigen Steuergesetze, so weit er berücksichtigt werden mußte, in großem Umfange ergeben haben. Das schädliche dieses Zurückgreifens auf den gemeinen Wert ergibt sich besonders, wenn man berücksichtigt, daß die Wertsteigerungen, die auf diese Weise als Einkommen ver­steuert werden, doch durchweg nur scheinbare Wertsteigerungen sind, wie oben gezeigt wurde. Man mißt den Wert am Gelde, während doch umgekehrt heut­zutage der Wert des Geldes richtiger am Objekt gemessen werden muß.

Bei der Einkommenberechnung der Beamten wird es erforderlich sein, auf eine klare Bestimmung dahin zu dringen, daß auch die Teuerungs- oder Entschuldungszulagen wie bisher nicht zum steuerpflichtigen Einkommen gehören. Nach dem Entwurf sind nur DienstaufwandSentschädigungcn steuerfrei, und zu diesen wird man die Teuerungszulagen nicht rechnen können, ebensowenig zu den Unterstützungen wegen Hilfsbedürftigkeit", die 8 12 Ziffer 10 allgemein von der Besteuerung ausnimmt.

Hinsichtlich des Tarifes als solchen kann auf die Ausführungen im vorigen Aufsatz verwiesen werden. Als Besonderheit mag noch hervorgehoben werden, daß die zu niedrige Bemessung des Mindesteinkommens schon durch die Be­stimmungen des Entwurfes selbst besonders schlagend dargetan wird: Nach Z 9 gilt als Einkommen aus Arbeit nicht nur der Lohn und sonstige Barbezüge, sondern jeder geldwerte Vorteil, insbesondere also auch freie Wohnung und Ver­pflegung. Danach muß jeder, auch der Lehrling, der in den Haushalt des Meisters aufgenommen wird, auch die Stütze, die sich au pair verdingt, Steuern zahlen, selbst wenn sie keinerlei Lohn erhalten; denn freie Verpflegung und Wohnung, ja auch nur die erstere kann heutzutage zu einem Betrage von 1000 Mark im Jahre nicht mehr gewährt werden. Man muß immer bedenken, daß 1000 Mark heute, auch in Deutschland selbst, nicht mehr sind, als in Friedens­zeiten 200 bis 250 Mark. Wir hatten bereits im vorigen Aufsatz darauf hin-