Wahlergebnisse
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Vorgänge in Rußland, mögen sie auch dem französischen Publikum einseitig dargestellt werden, sowie in Ungarn und Bayern und die bisherigen Ergebnisse einer rein sozialistischen Orientierung in Deutschland, dazu angetan sind, in einem vorzugsweise agrarisch und bürgerlich gerichteten Lande wie Frankreich, das eine gewisse steifleinene „Ordnung" und eine durchsichtig zentralistisch orientierte Verwaltung über alles stellt, Begeisterung für Bolschewismus oder Negierungs- sozialismus zu wecken. Endlich ist den Sozialisten ihre Opposition gegen den Verslliller Friedensvertrag, in dem der Bürger doch die einzige Rettung Frankreichs und — seiner Renten sieht, nicht vergessen. Mag diese Opposition auch keineswegs, wie ja auch in der Tat nicht der Fall, von Sympathie gegen die Deutschen, vielmehr vom Widerstand gegen Militarismus und Imperialismus diktiert sein, letzt, wo infolge der amerikanischen Senatsdebatten der Völkerbund auseinander» zufallen droht, wo das ausländische Kapital sich immer mehr von Frankreich zurückzuziehen scheint, und England im Orient seine eigenen Wege geht, sieht der französische Bürger immer mehr ein, daß das Heil nicht in internationalen Verbrüderungskreisen, die 1914 so absolut versagt haben, sondern nur in nationalem Zusammenschluß bestehen kann. Es ist aber angesichts dieser Entwicklung doch wohl eine Frage berechtigt, worauf eigentlich gewisse Politiker ihre Hoffnung auf die Wcltrevolution gründen wollen? Und ob es nicht besser sei, den Begriff der ^eltrevolution aus ernsthaften politischen Diskussionen wegzulassen und in das Herbarium der Agitationsphrasen zu legen, wohin er gehört? Oder glaubt lenmnd ernsthaft, das ausländische Proletariat, das heute überall im wesentlichen Ulcht für eine neue Weltordnung, sondern um eigene materielle Interessen kämpft, wurde diese eigenen materiellen Interessen verleugnen, um dem Proletariat eines ändern, beispielsweise des deutschen Volkes, zuliebe, auf Schmälerungen der wateriellen Vorteile verzichten, die ihm ein uneingeschränkter Besitz von Rohstoffen "der Machtmitteln sichert? Hat sich etwa irgendein englischer Proletariervertreter Segen die Scapa Flownote, die den Deutschen die fast letzte Möglichkeit des Wiederaufbaues nehmen will, ausgesprochen? Ist irgendein amerikanischer Proletarier Aufgetreten, um den deutschen „Brüdern" Rohstoffe zu schenken, damit sie neue ^evensmöglichkeiten gewinnen? Selbst die deutschen Unabhängigen haben nicht den Mut aufgebracht, zugunsten der österreichischen Stammesbrüder in eine Verkürzung der eigenen Brotration zu willigen. Wenn nicht einmal diese Vorkämpfer Weltrevolution den Mut zu einem geringen Opfer finden, können wir etwas ärmliches von den anderen erwarten?
, Ein anderes bemerkenswertes Ergebnis der französischen Wahlen ist die zugehende Erneuerung des parlamentarischen Personals. WO allen Mitgliedern Uehen 860 neue gegenüber. Nicht weniger als fünf Mitglieder der Regierung n k darunter der Minister und Großmeister der Freimaurer Laferre sind durch- Wallcn, von verankeren Parlamentariern unter anderen Longuet, der Neffe Karl ^arxs, Raffin-Dugins, Brizon, Renaudel. Augagneur, Messimy. Franklin-Bouillon. Anch das kommt nicht überraschend. Es ist bezeichnend, daß sich gegen den mrlamentarischen Klüngel und gegen den parlamentarisch eingesetzten Bureau- - ^usmus. der beim Wiederaufbau bis jetzt völlig versagt hat, eine eigene Partei n Frankreich gebildet hat, die clemoLratie nouvolls, über deren Erfolge zwar ^ letzt nichts bestimmtes verlautet, deren ideeller Sieg aber in der Niederlage "er radikal und radikal-sozialistischen Partei, die den größten Teil der Verantwortung an den als mißlich empfundenen Zustünden trägt, zum Ausdruck f^^Nlt. Es gibt in Frankreich eine stark anwachsende Strömung, die nicht nur '"^egionalismus und Dezentralisierung, sondern auch für Stärkung der Exekutiv- uewalt eintritt. Die Praxis der Besetzung der oberen Beamtenstellen durch Partei- Parlamentarier hat entschieden Schiffbruch gelitten.
w,.r. Gewinn und Verlust der einzelnen Parteien Betrachtungen anzustellen, bei der Verschwommenheit der Wahlprogramme, bei dem Durcheinander ^ durch die Einstellung auf den Block entstandenen Kompromisse, unterlassen nei. n.' genaueres läßt sich erst sagen, wenn die Kammer zusammentritt, die ^ue Regierung gebildet worden ist und die ersten Abstimmungen klarere Bilder