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Lehren des Krieges für den kommenden Frieden
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kehren des Krieges für den kommenden Frieden

Vorratsaufspeicherung. Ich erinnere nur an das Durcheinander der Ernte 1914 und den vor vielen Jahren mit Hohnlachen abgewiesenenAntrag Kanitz". Bei einem Erntewetter wie im Jahre 1912 wäre durch diese beiden Unterlassungssünden der Krieg glatt zu unseren Ungunsten entschieden worden. Was wir in dieser langen Zeitspanne wirklich an Verbesserungen der Leistungsfähigkeit der Landwirt­schaft erreichten, geschah durchweg in erbitterten Kämpfen. Bei jeder Forderung muhten wir uns große Abstriche gefallen lassen unter der Kennzeichnungagra­risches Geldbeutelinteresse" und obendrein den systematisch erzeugten und geschulten Haß weitester Kreise in Kauf nehmen, denen bis auf den heutigen Tag gänzlich falsche Vorstellungen von dem Gewinn der Landwirtschaft gemacht werden. Tat­sächlich hat sich in der ganzen Zeit dieses mühsamen Aufstieges der Bargewinn nach Überwindung der verlustreichen Caprivizeit im Vergleich zu anderen Berufen in recht mäßigen Grenzen gehalten. Aber wenn er so groß gewesen wäre, wie man die Volksmassen glauben machte, so hätte man doch ehrlich anerkennen sollen, daß in jedem Berufe Leistungssteigerung ohne Gewinnsteigerung undenkbar ist. Wenn man der Bedeutung der Landwirtschaft gerecht werden will, so muß man weiter auch die durch den Krieg bewiesene Tatsache hervorheben, daß die nur durch großen Fleiß, Sorgfalt und durchaus nicht etwa geringe Verstand es kraft zu er­reichende Wertsteigerung der bewirtschafteten Gegenstände in keinem anderen Berufe so im Interesse der Volksgcsmntheit liegt und ihr wieder zugute kommt wie in der Landwirtschaft. Es ist also diese Wahrheit festzuhalten: der Ausbruch des Krieges fand unseren Staat zwar im Besitze der leistungsfähigsten Landwirtschaft der Welt; durch allgemeinen Verständnismangel für ihre staatliche Bedeutung hatte man aber versäumt, diese Leistungsfähigkeit auch für den Kriegsfall sicherzustellen.

Was geschah nun bei Ausbruch des Krieges, um diese Versäumnis wieder gut zu machen? Die Antwort ist verblüffend, aber richtig: es geschah von der Negierung nichts wirklich nichts! Eine zu harte oder auch nur genügend harte Kennzeichnung dieses Verhaltens gibt es nicht. Jeder ernsthafte Fachmann ver­zehrte sich in quälender Sorge, unsere Berufsvertretungen machten Vorschläge über Verbrauchsfestlegung. Düngerbeschaffung usw., das Volk verschwendete in wahn­witziger Weise, die Regierung schwieg! Für lange, kostbare Zeit blieben die allmählich erscheinenden MahnungenWer Brotgetreide verfüttert, versündigt sich am Vaterlande" die einzige Tat. Zu ihr gesellten sich dann die so wunderbar zu Herzen gehenden Auslassungen des Herrn Reichskanzlers über den herrlichen Geist und die Selbstbesinnung des deutschen Volkes, die ihn von Zwangsmaßregeln in Ernährungsfragen Abstand nehmen ließe, usw. Ja, traf denn diese Rederei den Kern der Sache? Hätte man unseren Beruf nicht genau so mit allen Mitteln fördern müssen wie die Rüstungsindustrie? Und was geschah resp, geschah nicht? Ich will nur ganz kurz die Tatsachen streifen. Die Landwirtschaft hatte in bewußtem Opferwillen weitgehende Höchstpreisfestsetzung, Beschlagnahme des Getreides, Rationierung und vieles andere mehr vorgeschlagen. Nachdem man drei bis sieben Monate völlig untätig und ratlos zugeschaut hatte, verkehrte man durch planlose Einzelbeschränkungen Vernunft in Unsinn. Man zerriß jeglichen vernünftigen und^ natürlichen Zusammenhang, hielt in dem großen Wirtschafts­getriebe einzelne Räder an und ließ die anderen weiterschnurren. Die ganze Düngerbeschaffungsfrage wurde als Nebensache behandelt; wenn ich nicht irre,