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Maßgebliches und Unmaßgebliches
anwalt ist also Organ der angesehenen Behörde der Staatsanwaltschaft, und er hat, indem er in den Sitzungen des Schössengerichts die Anklage vertritt, eine dem richterlichen Vorsitzenden ebenbürtige Stellung. Er ist in der Bearbeitung seines Dezernates selbständig. Das Amt eines Amtsanwalts vereint also in sich verschiedene Vorzüge, wie sie wenige der Stellen haben werden, welche den kriegsbeschädigten Offizieren offen stehen. Dies ist Wohl auch der Grund, warum sich bereits aus der Zeit vor dem Kriege nicht wenige verabschiedete Offiziere in diesem Berufe befinden. Wenn sich nun kriegsbeschädigte Offiziere in größerer Anzahl diesem Berufe widmeten, wird er zudem gesellschaftlich eine weitere Hebung erlangen, so daß der Übertritt dem früheren Offizier auch in dieser Hinsicht leichter fallen wird.
Verschiedene Hochschulen, welche Fortbildungskurse für kriegsbeschädigte Offiziere eingerichtet haben, so z. B. die in Breslau und Danzig, haben auch Vorlesungen über den Beruf des Amtsanwalts in den Rahmen dieser Borlesungen aufgenommen. Mit der theoretischen Vorlesung werden die Hörer jedoch genau so wenig einen klaren Blick dafür bekommen, was ihrer in dem neuen Berufe wartet, wie etwa die Studenten der Jurisprudenz sich bei ihrem Studium einen Begriff über ihren künftigen Beruf machen können. Viel wichtiger wäre deshalb m. E. eine praktische Vorbildung für die kriegsbeschädigten Offiziere, welche schon Neigung haben, in diesen Beruf überzutreten, oder welche sich über ihn Klarheit verschaffen wollen. Zu einer solchen Praktischen Vorbildung aber bieten gerade jetzt während des Krieges die
im Inlands tätigen Kriegsgerichte eine besonders günstige Gelegenheit. Dadurch, daß jetzt auch die älteren Jahrgänge zu den Fahnen gerufen sind, also Leute, die mitten im Wirtschaftsleben stehen und deshalb auch in strafrechtlicher Hinsicht ganz andere Fälle vor daS Kriegsgericht bringen und ganz andereSchwie- rigkeiten bereiten, als die jugendlichen aktiven Soldaten zwischen dem zwanzigsten und zweiundzwanzigsten Lebensjahre, weisen die im Inlands belegenen Kriegsgerichte eine solche Auswahl von Rechtsfällen auch deS bürgerlichen Strafrechts auf, daß Offiziere, welche sich auf den Beruf des Amtsanwalts vorbereiten wollen, hier eine Praktische Schule finden würden, wie sie ihnen sonst nirgends wieder geboten wird.
Ich denke mir die Praktische Ausbildung der Offiziere so, daß jedem der Richter eines Kriegsgerichts ein Offizier zugeteilt wird, den er in gleicher Weise beschäftigt, wie der Amtsrichter am sogenannten kleinen Amtsgericht den in der Praxis bis dahin völlig unbewanderten Referendar. Nebenher gehen könnte natürlich eine theoretische Vorlesung über Strafrecht und Strafprozeß in dem Rahmen, in dem ein Amtsanwalt diese Kenntnis nötig hat. Für diese Vorlesungen aber wird sich an jedem Orte aus der Zahl der Kriegsgerichtsräte oder Zivilberufjuristen eine geeignete Persönlichkeit finden, die besser als ein Theoretiker wissen wird, was den AmtS- anwälten an positiven Kennwissen not tut und die aus der Fülle der eigenen Praxis heraus diese theoretische Belehrung mit praktischen Beispielen beleben wird.
Landgerichtsrat Dr. Sontag, z. Zt. Ariegsgericht^rat
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