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seinem Besitz eingebüßt; die Agrarbank kaufte ihm soviel als möglich Güter ab. um sie erst an Litauer, seit 1913 an großrussische Muschiks aufzuteilen. Nach Wasilewski wären in Litauen und Weißrußland bis Ende 1907 rund eine halbe Million Hektar Privatbesitz unter Ausnahmerechten und mit Ausschluß polnischer Käufer verkauft worden. Zur Beschleunigung dieser Art „Enteignung" hat die russische Verwaltung im Westgebiet seit je und aus Prinzip die Bildung von Agrarkreditgesellschaften verhindert und die Staatliche Agrarbank Hofbesitzern polnischer Abstammung niemals Kredit gewährt; sie hat sie dadurch gezwungen, sich Privaten und Wucherbanken in die Hände zu geben und nach Vermögensverfall an die Agrarbank zu verkaufen. Nach einer polnischen Quelle hätte die Belastung des polnischen Hofeigentums mit derartigen Bankschulden vor dem Kriege in Kiew 25, in den acht anderen Gouvernements des Westgebiets aber 35 bis 50 Prozent betragen. Um nur polnische Gewährsmänner zu zitieren, so wären nach Wasilewski „über 5 Millionen Deßjatinen", d. h. 18 Prozent, wenn Feldmans Angaben richtig sind, 1915 weniger als ein Siebentel (14 Prozent) des gesamten litauischen und weißrussischen Gebiets in polnischen Händen gewesen. Im Kriege haben die russischen Horden das Westgebiet furchtbar heimgesucht und durch Brandkolonnen bewegliches und unbewegliches Eigentum, die Frucht auf dem Halm vernichtet. Weite Strecken haben sie in Einöden umgewandelt und die Einwohner, mit Vorliebe die polnischen Großgrundbesitzer, mitgenommen. Wenn der Friede kommt, so werden Tausende von Groß- und Kleinbesitzern zusammenbrechen und Haus und Hof verlieren, der polnische Großgrundbesitz dann dort seine Führerrolle ausgespielt haben. Auch diese letzte Säule wird stürzen über Nacht.
Weit günstiger als im ehemaligen Großfürstentum Litauen ist numerisch und wirtschaftlich die Position der Polen in ihrer Heimat, ihrem Kernlande, im Weichselgebiet, wo sie drei Viertel der Bevölkerung stellen und nicht bloß der Adel, sondern auch die Geistlichen, ein Teil der Bürger und die meisten Bauern Polen sind. Mag auch der Bauer bisher, dank der russischen Verhetzung, dem Großgrundbesitzer feindlich gegenüber gestanden haben, die Berufs- und Stammesgenossen werden sich im neuen Vaterlande bald zusammenfinden und für die Hebung der daniederliegenden polnischen Landwirtschaft einträchtig tätig sein. Auch hier hat übrigens der adlige Großgrundbesitz erhebliche Einbußen erlitten. 1864 mußte er 4 Millionen Hektar, ein Drittel des Areals des Zartums, au die landlose und landarme Bevölkerung, auch an landlose Landarbeiter abtreten, vierzig Jahre später waren infolge massenhafter Aufteilung von Großbesitz, sogar bereits 59 Prozent im Kleinbetrieb und nur noch 35 Prozent der Gesamtfläche, aber die Majorate russischer Besitzer einbegriffen, privater Großbesitz. Von letzteren! ist seit 1904 noch viel zerschlagen worden, viel wird noch nach, dem Kriege Bauernland werden. Immerhin wird ein angemessener Teil der großen Besitzer, deren Kreditbedürfnis die „Landkreditgesellschaft für die Gouvernements des Zartums Polen von 1826" befriedigt, die Krisis überstehen und wie bisher