Siegen, siegen, siegen!
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ihm verbündeten Herrschern den Entschluß gefaßt, den Feinden den Eintritt in Friedensverhandlungen vorzuschlagen". Auch' der Kaiser selbst hat dies in seinem letzten Aufruf an Heer und Marine bestätigt. Diese persönliche Initiative des Kaisers aber sollte Grund genug sein, den Motiven, die zu der Aktion geführt haben und den Gründen, die für sie sprechen, vollkommen gerecht zu werden, statt daß die Gegner des Kanzlers sie benutzen, um über ihn, der den Kaiser mit seiner Verantwortlichkeit deckt, herzufallen. Auch wenn das Friedensangebot weiter gar nichts gutes gewirkt hätte, als daß die innere Einheit Deutschlands durch diese politische Handlung gestärkt wäre, was selbst die „Kreuzzeitung" am 10. Januar zugestanden hat, so wäre das bei der ungeheuren Bedeutung der inneren Einheitsfront von gar nicht hoch genug einzuschätzender Bedeutung. Wir möchten es mit der „Allgemeinen Evangelisch-Lutherischen Kirchenzeitung", einem ebenfalls weit rechts stehenden Blatte, doch auch hoch anschlagen, daß gerade von deutscher Seite mitten in dem Toben des Weltkrieges die „reinliche Sprache der Wahrheit, des Christentums und der Verantwortung vor Gott" angeschlagen ist! Mag auch diese Sprache zunächst von dem Haß und Toben unserer Feinde niedergeschrieen werden, auf die Dauer kann und wird es im weiten Erdenrund nicht ohne Eindruck und ohne tiefere Wirkung bleiben, daß die Menschheitsfrage des Friedens, nicht aus schwächlicher Sentimentalität und noch weniger aus Schwäche selbst, sondern um des Gewissens willen zuerst und gerade von uns gestellt ist. Dem Reichskanzler aber soll es für immer unvergessen bleiben, daß er, um mit Hindenburg zu sprechen, mit seiner Rede eine tiefsittliche Kraftäußerung unseres deutschen Vaterlandes eingeleitet hat.
Es liegt auch schlechterdings kein Anlaß vor zu glauben, daß der Reichskanzler, wie ihm so oft unterstellt wird, sich um jeden Preis zu Friedensverhandlungen bereit finden lassen werde. Unsere Antwort auf Herrn Wilsons Friedensnote ließ und läßt einer solchen Annahme wahrlich keinen Raum; besagt sie doch klar und eindeutig, daß wir selbst. Aug in Auge und ohne Vermittler mit unseren Gegnern verhandeln wollen. Auch die angeblichen Äußerungen unseres Gesandten in Amerika, des Grafen Bernstorff: daß Deutschland unter allen Umständen zur Friedenskonferenz gelangen wolle, daß es bereit sei, Belgien herzustellen und zu entschädigen und überhaupt Kriegsentschädigungen zu bezahlen, sind mit aller Deutlichkeit dementiert worden. Damit ist denn auch von neuem festgestellt, daß jene Äußerungen des Reichskanzlers vom 4. August 1914, die ihm von seinen Gegnern immer wieder vorgehalten werden, durch die seitherigen Ereignisse völlig hinfällig geworden sind, und unsere jüngste Note an die Neutralen hat dies noch unterstrichen. Man versteht ja, daß unsere Feinde die Äußerungen des Kanzlers bei jeder Gelegenheit von neuem hervorsuchen. Aber daß ein solcher durchsichtiger Advokatenkniff uns eine Veranlassung geben könne, den Reichskanzler fallen zu lassen, das scheint mit deutschem Selbstbewußtsein doch schwer vereinbar. Wolle» wir überhaupt das mindeste Gewicht aus das legen, was unsere Feinde sagen, so müßten wir uns beeilen, auch unseren ganzen Militarismus, ja unsere Hohenzollerndynastie — suchen unsere Gegner nicht etwa auch aus den Äußerungen Kaiser Wilhelms Kapital zu schlagen? — preiszugeben!
So bliebe denn von allen Vorwürfen, die neuerdings gegen Herrn von Bethmann Hollweg erhoben werden, wesentlich nur der eine übrig, daß er aus Rücksicht auf Amerika und die Neutralen mit dem verschärften Unterseebootkrieg zurückgehalten habe. Wer sich aber diesen Vorwurf zu eigen macht, übersieht,