Die Tagung für Rricgsbeschädigtenfursorge in <Löln a, Rh.
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ungeschulte in geschulte Arbeiter umzubilden. Der Kriegsbeschädigte muß das Bewußtsein erhalten, daß er vollwertige Arbeit leisten kann. Daß dies möglich ist. beweisen die Kriegsbeschädigten, die bereits zehn Stunden täglich an der Werkbank tätig sind.
Den Standpunkt der Arbeitnehmer vertrat Generalkommissionsvorsitzender Legten, M. d. N., in Berlin. Die Zurückführung der Kriegsbeschädigten in die Industrie, so sagte er, ist aus volkswirtschaftlichen und ethischen Gründen notwendig. Der Kriegsbeschädigte kann von seiner Rente nicht leben. Er muß arbeiten und darf nicht in körperliche und geistige Trägheit verfallen. Er muß aber an den geeigneten Platz gestellt werden und das stellt hohe Anforderungen an seine Anpassungsfähigkeit. Unerläßlich ist eine zuverlässige Beratung durch Vertreter der Arbeitergeber und Arbeitnehmer. Darum sind Arbeitsgemeinschaften zu fordern, wie sie in der Holzindustrie bereits geschaffen sind. Vorsicht ist notwendig bei Versprechungen, denn Versprechungen müssen auch erfüllt werden. Interessengegensätze zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssen aufhören. Der Kriegsbeschädigte soll der Gewerkschaft angehören dürfen nicht um Lohnforderungen zu stellen, sondern um ihn der Vorteile der Organisation teilhaftig zu machen und ihn vor dem Lohnkampf zu bewahren. Die Militärrente darf um keinen Preis zu einem Mittel der Lohndrückern werden. Unsere Volkswirtschaft hat das größte Interesse, die Kaufkraft der breiten Masse zu erhalten. Sie würde unweigerlich gemindert werden durch Lohndrückerei wegen der Rente. Die staatlichen Betriebe müssen hier mit einem guten Beispiele vorangehen. Die Erklärungen des Ministers von Breitenbach haben einen freudigen Widerhall in der Arbeiterschaft gefunden. Andererseits soll auch der Arbeiter dem Kriegsbeschädigten mit gleichem oder höherem Einkommen nicht mißgünstig gegenüber« stehen. Die Arbeitsgemeinschaften müssen hier die Gegensätze ausgleichen. Daß dies möglich ist, beweist das Vorgeben der Buchdrucker und des Kriegsfürsorge- ansschusses für das Baugewerbe. — Die Schwierigkeit in der Unterbringung Kriegsbeschädigter in der Industrie werden wachsen, wenn die Millionen von der Front zurückkehren. Deshalb ist es die wichtigste Sorge, so gut zu organisieren, daß Schwierigkeiten dauernd vermieden werden und daß die große Dankesschuld des Vaterlandes gegen seine Krieger abgetragen werden kann.
In der Aussprache forderte Reichstagsabgeordneter Giesberts als Sprecher der Gewerkschaftsgruppen reichsgesetzliche Regelung der Kriegsbeschädigtenfürsorge und vollberechtigte Hinzuziehung der Arbeiter- und Angestelltenorganisationen.
Am Nachmittag fand für den engeren Kreis der Interessenten eine Aussprache über die Erfahrungen statt, die in der Praxis mit den Prothesen gemacht worden find. „Was sagen die Amputierten selbst?" so leitete Landesrat Dr. Horion-Düsseldorf feinen Vortrag ein, der durch statistische Tabellen wirkungsvoll unterstützt wurde. Die Antwort auf diese Frage ist im Lazarett und im freien Wettbewerb der Arbeit verschieden. Im Lazarett heißt es meist „die Prothese ist brauchbar", im Leben „die Prothese genügt nicht" und doch kommt
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