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Amerika als tertius Zauclens im Weltkriege
lediglich in dieser Beleuchtung zu sehen, und alle noch so hochtönenden Phrasen des Präsidenten der Vereinigten Staaten werden nicht imstande sein, die Beweggründe zu der von ihm gewählten Auslegung des zur See geltenden Völkerrechts zu verschleiern. Wir wissen, daß es der amerikanischen Staatsleitung gelungen ist. diese Bedrohung des Kriegsgeschäftes — vorläufig wenigstens — wirkungslos zu machen.
Daß die günstige Geschäftslage nicht dauernd anhält, weiß man in Amerika, aber der dem Aankee eigentümliche Optimismus weicht im allgemeinen Gedankengängen aus, die besorgniserregenden kommenden Dingen entgegenführen. Was wird aus den ausgedehnten Neuanlagen, den in ihnen investierten Kapitalien und den angeworbenen Arbeitermassen, wenn eines Tages die Millionenaufträge der kriegführenden Staaten ausbleiben? Tatsächlich scheint das amerikanische Wirtschaftsleben einer Katastrophe von bisher ungekannter Heftigkeit entgegenzutreiben, und schon jetzt machen sich Anzeichen geltend, welche die Periode des geschäftlichen Niederganges einzuleiten scheinen: seit nämlich die Industrien unserer verbündeten Feinde sich selbst auf den Krieg und die Herstellung von Kriegsmaterial eingestellt haben, dringt in immer steigendem Maße die Kunde von Betriebseinschränkungen und Arbeiterentlassungen in der amerikanischen Industrie zu uns herüber. Indessen wird sich auch hier der Optimismus des Amerikaners als berechtigt erweisen, da ihm der europäische Krieg nicht nur die Mittel in die Hand gegeben hat einer drohenden Katastrophe auszuweichen, sondern ihm auch den Weg gezeigt und geebnet hat. der zu diesem Zweck einzuschlagen ist.
Wir haben gesehen, daß trotz einiger wenigen ungünstigen Folgen den Amerikanern die von ihnen gewählte Auslegung und Handhabung der Neutralität in wirtschaftlicher Hinficht ungeahnte Gewinne gebracht hat. Infolge der stetig wachsenden Preise für Kriegsmaterial und der eingetretenen Überwertung der amerikanischen Währung sah sich Amerika in die glückliche Lage versetzt, in nie erwarteter billigen Weise seine Schulden abzustoßen, derart, daß sich dieses glückliche Land heute auf dem besten Wege befindet die Rolle des größten Schuldnerlandes der Welt mit der des größten Gläubigerlandes zu vertauschen.
Der leicht erworbene Reichtum in Verbindung mit einer auf hohe Leistungen eingestellten Industrie werden es den Amerikanern nunmehr auch ermöglichen intensiver als bisher die Eroberung der außereuropäischen Märkte, die bis vor Ausbruch des Krieges in erster Linie von den kriegführenden Staaten versorgt wurden, zu betreiben. Deutschland wurde durch die englische Blockade fast vollständig vom Weltmarkt abgeschnitten, und seine Feinde sahen sich genötigt die zur Versorgung des Weltmarktes angesetzten wirtschaftlichen Energien nahezu vollständig in den Dienst des Krieges zu stellen. Wenn nun die Vereinigten Staaten von dieser für sie günstigen Lage am Weltmarkt erhofft hatten, ohne große Schwierigkeiten alle nunmehr unversorgt bleibenden Märkte an sich reißen zu können, so sahen sie sich in ihren Hoffnungen dennoch getäuscht. Die Wirkun-