152
Der deutsche Katholizismus im lvelittieg
lehren, daß die Neutralität nicht ein „Zauberwort ist, das die Feinde beschwört" — um Reventlows kluges Buch „Kriegsursachen und Kampfziele" zu zitieren —, auch kein friedliches Gehege, hinter dem sie in Ruhe und Behagen den Goldrausch ausschlafen können. Und es ist nur gesund für sie, daran erinnert zu werden, daß bei dem Verkehr der Staaten untereinander jeder sich selbst der nächste ist, und daß dieser Verkehr, am wenigsten in Kriegszeiten, sich nicht nach zufälligen Sympathien oder weichlicher Gefühlsamkeit richtet, sondern allein nach dem eigenen Bedürfnis.
Der deutsche Aatholizismus im Weltkrieg
von Professor Albert lverminghoff
ir lieben die Erde, auf der unsere Väter wohnten; wir lieben die Sprache, die uns die Mutter lehrte; wir lieben das Volk, zu dessen Stämmen wir gehören; wir lieben den Anteil an der Kultur, den der Schöpfer und Weltregierer uns gab. Niemand kann es uns verargen. Wir freuen uns des Vaterlandes, weil
es nach langer Zerrissenheit Einigkeit und Leben wieder gewann und den Platz in Europa einnahm, auf dem es nach Größe und Kraft ein Anrecht hat. Wir wollen festhalten an der nationalen und staatlichen Einheit, wie sie andere Völker des Erdteils besitzen und Frankreich am frühesten besaß und mit Eifersucht hütet. Wir schauen mit Treue und Ehrfurcht und Stolz auf den, der die kaiserliche Krone trägt, und vertrauen seinem Gerechtigkeitssinn und seinem großen Charakter. Vom Standpunkte der christlichen Weltordnung aus darf keiner es uns mißgönnen.
So gut wie Deutsche, sind wir auch Söhne der katholischen Kirche. Wir sind es mit der ganzen Stärke unserer Überzeugung und der vollen Inbrunst unseres Herzens. Eine lange Geschichte hat es erprobt. Den Glauben, den die Boten des Evangeliums den Vorfahren brachten, hat das katholische Volk Deutschlands heilig bewahrt in Leiden und Kämpfen und Sichbehaupten, denen keine andere Nation Ahnliches an die Seite zu stellen hat. In ihm ist auch jetzt noch ein wahrhaft lebendiges Christentum wirksam. Unerschüttert und ^unerschütterlich steht es zu dem erhabenen Sitze, auf dem der Statthalter Christi thront und der der Mittelpunkt der vna, Lancia et ^postolica ist. Dürfen wir daher nicht verlangen, als vollberechtigte I^ilii kamilias im Vaterhause der Kirche betrachtet und behandelt zu werden neben den Brüdern aus anderen Ländern und — ich wage es hinzuzufügen — neben denen aus Frankreich?"