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Briefwechsel von Gustav Lrcytag mit Graf und Gräfin Baudisfin
so große Mittel nicht gefunden werden so müßte er reisen denn bei den Berufsgeschästen wird er das Trinken leider nicht mehr entbehren können. Ich fürchte überdem er verliert die Stelle wenn das so fort geht, es ist zu allgemein bekannt schon! — Vorstellungen von nahen, vielleicht den Leipziger Freunden würden vielleicht eine Zeit lang helfen? — Es ist ein wahrer Jammer! ein so vortrefflicher Mann eine so prächtige Familie! — Rathen Sie doch, gewiß fällt Ihnen Hülfe ein! —
Den beifolgenden Brf. meines Schwagers lege ich bei Ihnen zu zeigen wie es in dem Kopf des viel leidenden Patienten fortwährend arbeitet; wir besuchen ihn natürlich oft des Tages, dazwischen aber kommen doch noch seine Zettel. Ich füttere ihn mit Romanen um die Zeitungen etwas zu verdrängen u. da er einen ganz nüchternen Romanmagen hat so wirkt u. spannt diese lecture sehr, aber es muß grauslich in den Büchern hergehen wie z. B. in den miserables. —
Wir harren in Ungeduld auf Ihr Buch — aber gehören zu den Freunden die Ihre jetzige Thätigkeit zu hoch stellen um die Unterbrechung weg zu wün» schen. Einstweilen ist Fritz Reuter unsere heitere Abendgesellschaft.
Bleiben Sie gut
Ihrer treu ergebenen Freundin
S. B.
Der Frau Hosräthin meine allerherzlichsten Grüße.
Baudissin an Freytag.
Dresden, 25. December 1863.
Lieber vortrefflicher Lord
Percy von Nortumberland,
Ich werde Ihnen vorkommen wie der Verfasser des Briefs den der Heißsporn so scharf commentirt, u. sehe voraus daß Sie in der Stimmung sein werden, „mir mit meiner Frau Fächer den Kopf einzuschlagen". Aber dennoch kann ich meine Zweifel nicht unterdrücken, ob es wohlgethan sein würde, wenn der Herzog schon jetzt nach Holstein käme; ja selbst nicht, wenn er alles mitbrächte was ihm noch fehlt, Geld u. eine Armee. Ich meine, er müsse nur noch ein paar Wochen Geduld haben, bis die Abstimmung über sein Erbrecht in Frankfurt entschieden ist, wenn er sich nicht in die größte Verlegenheit bringen will. Der König Johann, dem ich zutraue, daß er ihm gern zu seinem Recht verhelfen möchte, ließ mich gestern eigens rufen, um mir zu sagen, er wünsche dringend daß der Herzog den Versuch nicht wage, weil er ihn für sehr gefährlich halte; was ich denn auch sofort an Samwer geschrieben habe. Sollte, was Gott verhüten wolle, die Entscheidung in Frankfurt gegen ihn ausfallen, u. er ist dann noch Willens, Leben u. Schicksal auf eine letzte Karte zu setzen, — dann werde ich von Herzen zustimmen wenn er wie Wallen-