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Frankreich und die Gründung des Norddeutschen Bundes : zum halbhundertjährigen Gedächtnis des Präliminarfriedens von Nikolsburg, 25. Juli 1866
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Frankreich und die Gründung des Norddeutschen Bundes

ins preußische Hauptquartier mit dem Auftrag, sofort einen Waffenstillstand herbeizuführen. Man lehnte dies Ansinnen unter Berufung auf die mangelnde Zustimmung Italiens ad. Benedetti merkte bei feinen Verhandlungen mit Bismarck, daß Preußen unter allen Umständen auf Annexionen in Nord­deutschland bestehen würde. Dies war der Punkt, über den Graf Goltz die französische Negierung bisher nicht unterrichtet hatte. Über Frankreichs Haltung zu dieser Bedingung verriet Benedetti kein Wort, doch gewann Bismarck den Eindruck, als werde ein etwaiger Widerspruch dagegen nicht unüberwindlich sein.

Wenn möglich trachtete Bismarck trotz der schwebenden Vermittlung Frank­reichs darnach, mit Österreich direkt in Friedensverhandlungen zu treten. Es war also notwendig, daß er mit dem König über die endgültigen Forderungen einig wurde. Anscheinend war Bismarck mehr für Vollannexionen ganzer norddeutscher Staaten, während der König alle seine Gegner gleichmäßiger bestrafen und dafür keine von den besiegten Dynastien ganz ihres Landes berauben wollte. Am 14. Juli traf ein Telegramm von Goltz ein, worin der Botschafter die französischen Friedensvorschläge mitteilte. Von den Annexionen war darin gar nicht die Rede, weil es ja Goltz unterlassen hatte, ihre Notwendigkeit in Paris zu betonen. Preußen sah sich darum nicht in der Lage, diese Vorschläge zur Grundlage für den Frieden zu machen. Doch setzte es Bismarck nach einer schweren Beratung gegen die Meinung des Königs am 18. Juli durch, daß man die Vorschläge wenigstens als Grundlage für den Waffenstillstand annahm. Der König hatte durchaus die Aufnahme der Bedingung der Annexionen auch schon ins Stillstandsprogramm verlangt. Aber schließlich gab er doch nach, und Bismarck konnte nach seinem Willen den Österreichern Waffenstillstand anbieten. Bis zum Eintreffen der Antwort wurden fünf Tage Waffenruhe bewilligt. Diese Beratung vom 13. Juli muß nach Brandenburgs Forschungen die sein, die Bismarck in denGedanken und Erinnerungen" nach Nikolsburg auf den 23. Juli verlegt, und deren temperamentvollen äußeren Verlauf er dort höchst anschaulich schildert. Schon am 19. Juli entschlossen sich übrigens der König und Bismarck, über die Richtlinien des 18. Juli noch hinauszugehen und die französischen Vorschläge nicht nur zur Grundlage der Stillstands-, sondern sogar der Friedensverhandlungen mit Österreich zu machen, wenn dieses sich bereit fände, seine deutschen Verbündeten preiszugeben. Inzwischen war nämlich Benedetti wieder im Hauptquartier angekommen. Er war in Wien gewesen und hatte dort die Annahme der französischen Vermittlung erreicht. Da der Botschafter auf sofortigem Beginn der Friedensverhandlungen nunmehr bestand, kam man auf den eben erwähnten Ausweg. In der Tat war Österreich unter der Bedingung der Integrität Sachsens einem Separatfrieden geneigt. Alle seine übrigen Verbündeten überließ man in Wien ihrem Schicksal. Auch jetzt hätte Preußen noch die Möglichkeit gehabt, die Verhandlungen zu verzögern, wenn man sich auf die immer noch mangelnde Zustimmung Italiens berufen hätte. Bismarck hatte bisher die Verbündeten derart im Unklaren über den