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Frankreich und die Gründung des Norddeutschen Bundes : zum halbhundertjährigen Gedächtnis des Präliminarfriedens von Nikolsburg, 25. Juli 1866
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Frankreich und die Gründung des Norddeutschen Bundes

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schlagen werde, und ließ im April 1865 in Paris sondieren, ob Frankreich sich nicht etwa Österreich nähere. Benedetti, der französische Botschafter in Berlin, stellte nun direkt die Frage, was Preußen im Falle eines Krieges mit Öfterreich von Frankreich erwartete. Bismarck antwortete ausweichend und schob wieder die Abneigung König Wilhelms gegen Abmachungen mit Frank­reich vor. Benedetti riet darauf seiner Regierung vollkommene Zurückhaltung in der Entwicklung des deutschen Konflikts an. Bismarck Hütte gern eine Äußerung Benedettis gehört, daß Frankreich auf deutsches Gebiet verzichte. Deswegen schlug er Kompensationen in Belgien oder in der welschen Schweiz vor, ohne daß er selber recht glaubte, daß diese möglich sein würden. Es gelang nicht, Benedetti zu einer derartigen Äußerung zu bringen. Man sieht zur Genüge, daß beiderseits alle Register der Diplomatie gezogen wurden. Bismarcks Stellung war noch erschwert durch die öfters mangelnde Unterstützung des Grafen Goltz. Der Botschafter mißbilligte Bismarcks Politik, wünschte immer den Abschluß förmlicher Verträge mit Frankreich und regte diese im Sommer 1865 sogar gegen seine Instruktion, aber ohne Erfolg an.

Bekanntlich brachte der Sommer 1865 im Vertrag von Gastein die letzte Aussöhnung zwischen Preußen und Österreich. Die Enttäuschung in Frankreich darüber war groß, so groß, daß Bismarck, der den Bruch mit Österreich trotz Gastein ja doch schließlich an der Frage der deutschen Bundesreform herbeiführen wollte, das Bedürfnis fühlte, selber den Kaiser Napoleon zu beruhigen. Er erwirkte von seinem König die Erlaubnis, in Biarritz mit Napoleon zusammenzutreffen. Die Beruhigung des Kaisers über die preußischen Absichten gelang ihm. Ver­geblich versuchte er aber auch diesmal, eine Zusage zu erlangen, daß sich Frankreich mit außerdeutschen Kompensationen zufriedengeben würde.

Die erneute Verschlechterung der preußisch-österreichischen Beziehungen trat schon Anfang 1866 ein und zeitigte neue Verhandlungen mit Frankreich. Napoleon forderte jetzt zum erstenmal offen deutsches Gebiet und wurde zurück­gewiesen. Trotzdem war der König Wilhelm einem Bruch mit Österreich und einer Annäherung an Frankreich nicht mehr so abgeneigt wie früher, weil die Unhaltbarkeit des preußisch-österreichischen Kondominats über Schleswig-Holstein auch für ihn offen zutage trat. Diesen Moment benutzte Bismarck zur Auf­rollung der Bundesreformfrage und damit zur Entzündung des Konflikts. In längeren Verhandlungen gelang es. Frankreich zu der Zusage zu bestimmen, es werde die Durchführung der preußischen Reformpläne ohne Kompensation hinnehmen. Natürlich hoffte Napoleon nach wie vor im stillen, daß der Krieg doch noch eine neue Lage und Gelegenheiten zu anderweitigen Forderungen bringen würde. Selbst mit der Möglichkeit seines Übertritts auf die österreichische Seite rechnete er bereits. In der Tat versuchten die Österreicher durch das Angebot freiwilliger Abtretung Venetiens Napoleon zu gewinnen. Indessen war Bismarck dieser Gefahr bereits durch Abschluß eines Bündnisses mit Italien begegnet. Diesem Vertrag getreu, weigerte sich Italien, Venetien als Geschenk