Tandvergabung nach Lehenrecht
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auch langfristiger Meliorationen beengt sein. Denn jeder rechnet eben mit dem Weiterbestehen seines Blutes; er glaubt daran, weil er es hofft. Daß dieses bevölkerungspolitisch wünschenswerte Bestreben hier durch wirtschaftliche Gründe verstärkt wird, wäre ein weiterer Vorzug dieser Leiheform, wovon noch zu reden ist.
Der angestrebte sozialpolitische Zweck wird aber andererseits ebenfalls in ausreichendem Maße erreicht werden, da nach Naturgesetzen doch immer wieder Familien aussterben und dadurch immer wieder Boden frei wird, den die betreffende öffentlich rechtliche Körperschaft nun neu an Bodenbedürftige veräußern kann. Dadurch hat die Lehensvergaberin es immer wieder in der Hand, eine sachgemäße Bodenpolitik zu treiben und Bestrebungen zur Monopolisierung des Bodenmarktes und entsprechende Preistreibereien zu hindern.
Gewisse Sicherungsmaßregeln gegen Vernachlässigung, wie sie dem Eigentümer gegen den Nießbraucher zustehen, könnten dem Lehensvergaber für die Zeit eingeräumt werden, wenn der Heimfall des Lehens schon in sicherer Aussicht steht und deshalb eine unpflegliche Behandlung des Grundstücks durch den letzten Lehensberechtigten zu besürchten ist.
Für die Belastung des Grundstücks durch den Lehensnehmer müßten allerdings besondere Grundsätze geschaffen werden, in Anschluß an die bei der Dürftigkeit der Bestimmungen des BGB. auch erst im Werden begriffenen Grundsätze über die Belastung des Erbbaurechts; freilich hier mit der besonderen Schwierigkeit, daß das zu belastende Recht durch Todesfälle plötzlich endigen kann. Diese besondere Natur des zu belastenden Rechts wird vielleicht das Bereitstellen von Versicherungen notwendig machen gegen ein plötzliches Erlöschen des Rechts innerhalb einer bestimmten Amortisationsfrist, die man für die Belastungen des Lehensrechts wohl vorschreiben müßte. Jedenfalls werden die suriftisch-technischen Schwierigkeiten überwindbar sein. Man hat sich überhaupt unter dem Einfluß einseitig romanistisch gebildeter Juristen viel zu sehr daran gewöhnt, den Gesichtspunkt der formalen dialektischen Einfachheit und der leichten Handhablichkeit juristischer Gebilde voranzustellen und zu unterstreichen. Als ob nicht die Wirkung der Rechtseinrichtungen im staatlichen und gesellschaftlichen Leben das Wesentliche wäre. Dem Spott Jherings über die Verwickeltheit und Vielgestalt der deutschrechtlichen Landleiheformen ist von germanistischer Seite, durch Heusler, seinerzeit einmal eine ebenso verdiente wie gründliche Abfuhr widerfahren durch den Hinweis darauf, daß diese allerdings juristisch verwickelten und nicht gerade zur Stufe der dialektischen Begriffsschönheit aufgestiegenen Gebilde eben die Aufgabe erfüllt haben, dem Landbauer, obwohl er . nicht Eigentümer des von ihm bebauten Bodens war. ein unkündbare Stelle zu verschaffen und so die Grundlagen der Wiederherstellung beziehentlich Schöpfung eines selbständigen Bauernstandes auch in den Gegenden Deutschlands zu erhalten, wo dieser sich die Stellung des freien Grundeigentümers nicht zu erhalten, beziehentlich zu erwerben, vermocht hatte.