Der geschlossene Handelsstaat Fichtes
von Professor Öl-. Lonrad Bornhak
s war kurz vor dem Zusammenbruche des alten Preußen. Die Philosophie Kants und die Volkswirtschaftslehre Adam Smiths beherrschten, von der Universität Königsberg ausgehend, die jüngeren Kreise des preußischen Beamtentums. Die befreiende Lehre Adam Smiths wollte nicht nur alle Schranken des Zunft- und Konzessionswesens, der Berufsstände untereinander, sondern auch die wirtschaftlichen Grenzen von Staat zu Staat einreihen und versprach sich die höchste Blüte der Entwicklung vom freien Spiele der wirtschaftlichen Kräfte. Wenn nur jedes Land und jeder Mensch diejenigen Güter unbehindert hervorbringen dürfe, für deren Erzeugung die natürliche Befähigung vorhanden sei, so werde der größte Nationalreichtum auf dem Boden dieser Freiheit entstehen.
Während solche Gedanken die öffentliche Meinung beherrschten, erschien im Oktober 1800 eine seltsame Schrift des eben wegen angeblichen Atheismus aus Jena vertriebenen und in Preußen' gelandeten Philosophen Johann Gottlieb Fichte, dem Vorgänger des Freiherrn vom Stein im Generaldirektorium, dem Staatsminister von Struensee, gewidmet: „Der geschlossene Handelsstaat." Die Richtung der Schrift wird am besten gekennzeichnet durch die vorläufige Erklärung des Titels: „den juridischen Staat bildet eine geschlossene Menge von Menschen, die unter denselben Gesetzen und derselben höchsten zwingenden Gewalt stehen. Diese Menge von Menschen soll nun auf gegenseitigen Handel und Gewerbe unter- und füreinander eingeschränkt, und jeder, der nicht unter der gleichen Gesetzgebung und zwingenden Gewalt steht, vom Anteil an jenem Verkehr ausgeschlossen werden. Sie würde dann einen Handelsstaat und zwar einen geschlossenen Handelsstaat bilden, wie sie jetzt einen geschlossenen juridischen Staat bildet."
Es war ein Beitrag zu dem Gedanken, von dem Fichte schon am 2. April 1793 an Kant geschrieben, das Problem der platonischen Republik, des vernünftigen Staates, in Angriff zu nehmen. Ein solcher Vernunftstaat lebt in der abstrakten Idee, er ist ein Ideal, dem man nachstrebt, ohne mit Widerständen zu paktieren. Der Vorwurf der unmittelbaren Unausführbarkeit, den die spekulative Philosophie von jeher hinnehmen muß, wird ohne weiteres eingeräumt. Dagegen kann der Philosoph den Vorwurf der absoluten Unausführbarkeit seiner Vorschläge nimmermehr zugeben. Denn sonst handelte es sich um ein bloßes Spiel mit leeren Begriffen. So wird denn die Durch-