Mit dem Kaiser auf Reisen
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Zur Erinnerung an die Besteigung der Hvidten-Höhe wurde ein Steinmann errichtet; einzelne besonders interessante Steine wurden gesammelt und mit- genommen, um später als Andenken an die Reise im Muschelsaale des Neuen Palais in Potsdam aufbewahrt zu werden. Auch ein größerer Strauß von der reichen nordischen Flora, welche die Abhänge der Anhöhen bedeckte, wurde mitgenommen, um, von der sachverständigen Hand des Dr. Güßfeldt gepreßt, später Ihrer Majestät der Kaiserin übersandt zu werden. Um 10 Uhr abends begab sich Se. Majestät an Bord des Aviso „Greif", um auf diesem gegen das offene Meer hinauszufahren und von da aus das prachtvolle Schauspiel der Mitternachtssonne zu genießen. Das Wetter war wundervoll klar und die Sonne um Mitternacht, scheinbar noch hoch über dem Horizont stehend, sichtbar. Auf dem Rückwege nach der „Hohenzollern" ließ Se. Majestät noch auf dem „Greif" „Klar Schiff" schlagen und mit den Geschützen und Nevolverkanonen feuern. Dabei fuhr der „Greif" an dem norwegischen Dampfer „Capella" vorbei, dessen Passagiere sich gleichfalls an dem Anblicke der Mitternachtssonne erfreut hatten. Als der „Greif" dann im Verlaufe des Manövers in einem Bogen um die „Capella" herumfuhr, salutierte diese, senkte wiederholt grüßend die Flagge und gab aus ihren kleinen Geschützen Freudenschüsse ab, während die Passagiere in nicht endenwollende Hurrahrufe ausbrachen. Kurz nach 1 Uhr war Se. Majestät wieder an Bord der Hohenzollern.
Am nächsten Morgen (19. Juli) ging die Fahrt zurück nach Tromsö. Während der Fahrt wurden vielfach Tümmler, die hoch aus dem Wasser sprangen, sichtbar, und auf den schneebedeckten Abhängen der Berge zeigten sich große Herden von Renntieren. Gegen 1 Uhr wurde Tromsö erreicht, welches im hellen Sonnenschein da lag. Ein Teil des Gefolges besuchte das in der Nähe befindliche Lappenlager, das aber lebhaft an den Zoologischen Garten oder die Hasenheide erinnern soll. Se. Majestät war an Bord geblieben, um Briefe für den am nächsten Tage erwarteten Kurier zu schreiben. Abends umkreisten wieder zahlreiche Boote die „Hohenzollern", darunter auch eins mit Lappen, und bis 3 Uhr morgens blieben die Neugierigen in ihren Booten vor der Jacht gelagert.
An: nächsten Morgen, den 20. Juli, machte Se. Majestät nur in Begleitung des Generals der Kavallerie Grafen Waldersee unerkannt einen kurzen Ausflug an Land, um von der hinter Tromsö sich erhebenden Anhöhe die Rundficht zu genießen. Gegen Mittag wurde die Fahrt nach den eigentlichen Lofoten angetreten; der Kurs führte an der Insel Bjärkö vorbei, um die Nordspitze von Andö herum durch den Raftsund, welcher die eigentlichen Lofoten von den Vesteraalen trennt. Gegen 11 Uhr abends fuhr die Jacht in den wild-romantischen engen Sund ein, welcher Rjärko und Helö trennt. Helö ist bekannt durch die Tausende von Möwen, die dort in den zerklüfteten Felsen nisten und die auch durch den Ton des Nebelhorns und blinder Schüsse nur teilweife aufgeschreckt wurden. Um V2I2 Uhr nachts schoß Se. Majestät zwei